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Drohnen für Deutschland

Von Johann Müller
30. Januar 2013

Die Bundesregierung rüstet auf. Wie die Medien berichten, will sie sowohl bewaffnete Drohnen für Auslandseinsätze anschaffen, als auch bislang militärisch genutzte Aufklärungsdrohnen im Inland einsetzen.

In ihrer Antwort auf eine „kleine Anfrage“ der Linksfraktion spricht sich die Bundesregierung laut Spiegel online eindeutig für die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr aus. Wie die WSWS berichtete, hatte Verteidigungsminister de Maizière bereits im August letzten Jahres den Einsatz bewaffneter Drohnen bei Auslandseinsätzen befürwortet. Auch der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, forderte den Kauf bewaffneter Drohnensysteme.

Unklar ist noch, welche bewaffneten Drohnen die Bundeswehr einführen wird. Unter anderem ist der Kauf amerikanischer Predator-Drohnen im Gespräch, die von den USA für gezielte Tötungen verwendet werden. Eine weitere Option ist die Umrüstung der von der Bundeswehr in Afghanistan zur Aufklärung genutzten Drohnen des Typ Heron des israelischen Herstellers IAI. Sie sollen durch das Unternehmen Cassidian, das zum EADS-Konzern gehört, umgerüstet werden. Fest steht, dass bewaffnete Drohnen schnellstmöglich eingeführt werden sollen.

Die abscheulichen Verbrechen, welche die US-Armee mithilfe bewaffneter Drohnen begeht, verdeutlichen die Bedeutung dieser Ankündigung. Im Namen des „Krieges gegen den Terror“ bombardieren Drohnen Ziele im Irak, in Afghanistan, im pakistanischen Grenzgebiet, in Somalia und in vielen weiteren Ländern der Welt, denen die USA nie offiziell den Krieg erklärt haben. Angebliche „Terroristen“ werden gezielt illegal getötet, wobei US-Präsident Obama die Opfer zum Teil persönlich auswählt. Auch unter der Zivilbevölkerung gibt es zahlreiche Opfer.

Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und auf zahlreichen anderen internationalen Kriegsschauplätzen, die bereitwillige Entsendung von Patriot-Raketensystemen in die türkisch-syrische Grenzregion und die Unterstützung Frankreichs im Mali-Feldzug zeigen, dass die Bundesregierung ihre imperialistischen Interessen zunehmend mit Waffengewalt verfolgt. Die Stärkung der Schlagkraft der Bundeswehr durch bewaffnete Drohnen ist ein weiterer Schritt in Richtung aggressiver imperialistischer Kampfeinsätze.

Bewaffnete Drohnen könnten erkannte Ziele im Gegensatz zu unbewaffneten Flugrobotern „reaktionsschnell, präzise und skalierbar bekämpfen“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linksfraktion. „Außerdem werden durch die Fähigkeit gegnerische Kräfte einer ständigen und für sie nicht prognostizierbaren Bedrohung ausgesetzt und in ihrem Handlungsspielraum eingeengt.“

Die Nutzung von Aufklärungsdrohnen im Inland birgt große Gefahren für demokratische Rechte. Solche Drohnen können viele Informationen liefern, die auf herkömmlichen Wegen nur mit weit höherem Aufwand zu beschaffen sind.

So will die Bundeswehr für 1,2 Milliarden Euro fünf Drohnen des Typs EuroHawk anschaffen. Die von der EADS-Tochter Cassidian mitentwickelte Drohne hat gigantische Ausmaße und hat Anfang Januar erfolgreich ihren ersten Testflug absolviert. Die EuroHawks sollen in sehr großer Flughöhe jeweils dreißig Stunden über Deutschland kreisen. Sie sind mit Sensorik ausgestattet, mit deren Hilfe Funksignale empfangen und ausgewertet werden können.

Bisher sind solche Flüge mit Aufklärungsflugzeugen durchgeführt worden. In Zukunft können sowohl die Piloten als auch die mit der Auswertung der Signale beschäftigten Spezialisten auf dem Boden bleiben. Außerdem ist eine weit umfangreichere Signalüberwachung möglich als bisher.

Wie bereits in den USA sollen nun auch in Europa Drohnen im zivilen Luftraum zugelassen werden. In einem Papier der EU-Kommission mit dem Titel „Towards a European strategy for the development of civil applications of Remotely Piloted Aircraft Systems“, auf das sich die kleine Anfrage der Linkspartei stützt, wird die Öffnung des europäischen Luftraums für unbemannte Flugsysteme diskutiert.

Die Bundesregierung hat bereits erste Tatsachen geschaffen. Im Mai 2012 wurde eine neue Fassung des Bundesluftfahrtgesetzes verabschiedet, das Drohnen mit einem Gewicht über 25 Kilogramm als Luftfahrzeuge anerkennt.

Wie Die Welt berichtet, erwägt Innenminister Hans-Peter Friedrich, mittelgroße Drohnensysteme bei der Bundespolizei einzusetzen. Hierzu sollen die bereits erwähnten Heron-Drohnen Verwendung finden. Als Einsatzgebiet der Drohnen nennt die Zeitung „Seenot-Rettung, aber auch (...) Kriminalitätsbekämpfung, zum Beispiel gegen Umweltsünder, sowie (...) Kontrolle von Flüchtlingsströmen“.

„Kontrolle von Flüchtlingsströmen“ ist eine zynische Bezeichnung für die verstärkte Abschottung der EU-Außengrenzen, die schon jetzt dafür verantwortlich ist, dass jährlich tausende von Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa ertrinken oder auf andere Weise umkommen.

Das Bundesministerium für Inneres hat die Drohnenpläne zwar nicht bestätigt. Doch breit angelegte und zum Teil bereits abgeschlossene Tests und Simulationen zeigen, dass die Planungen weit fortgeschritten sind.

Diese Tests werden im Rahmen eines EU-Projektes vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt. Dabei wird unter anderem die Eignung der Drohnen für die Küstenüberwachung durch die Bundespolizei erforscht, wie das DLR gegenüber der Zeitung Die Welt bestätigte.

Vor Weihnachten wurde in Braunschweig im Rahmen einer solchen Simulation das Zusammenspiel von Heron-Drohnen und anderen Flugobjekten wie Rettungsfliegern überprüft. Mit großem Erfolg, wie der zuständige Referatsleiter beim Bundesinnenministerium für Technik und Logistik der Bundespolizei, Achim Friedl, erklärte. Im Sommer sind Testflüge an der südspanischen Küste geplant.

Die geplante Einführung mittelgroßer Drohnensysteme bei der Bundespolizei stellt in Europa eine Premiere dar. Sie können nicht nur zur Abschottung der EU-Außengrenzen eingesetzt, sondern angesichts verstärkter gesellschaftlicher Spannungen auch bei der Überwachung von Demonstrationen und der Niederschlagung von Aufständen genutzt werden.

Solche Überwachungsmaßnahmen gab es bereits. So wurden 2007 während der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm militärische Aufklärungsflugzeuge eingesetzt, die hochauflösende Bilder von Camps der Demonstranten lieferten.

2011 wurden in Dresden während einer Anti-Nazi-Demonstration sämtliche Mobilfunkverbindungen und die genauen Positionsdaten von Endgeräten in allen Funkzellen eines Stadtteiles erfasst und analysiert. Auf diese Weise wurden alle Demonstrationsteilnehmer, Anwohner, Passanten usw. unter Generalverdacht gestellt.

Die Polizei setzt in manchen Bundesländer, u.a. in Hessen und Niedersachsen, bereits kleinere Drohnen ein. In Niedersachsen hat die Polizei solche Drohnen auch schon zur Überwachung von Protesten gegen einen Castor-Transport verwendet.

Der Einsatz von Kampf- und Überwachungsdrohnen im In- und Ausland zeigt, dass die herrschende Klasse angesichts der sich vertiefenden Wirtschaftskrise und wachsender sozialer Spannungen zunehmend zu militärischen und undemokratischen Methoden greift, um ihre Interessen zu verteidigen.