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Chinesische Arbeiter revoltieren gegen Gewerkschaften

Von John Chan
19. Juni 2010
aus dem Englischen (17. Juni 2010)

Die jüngsten Streiks chinesischer Arbeiter in Honda-Werken und anderen Fabriken gegen niedrige Löhne und harte Arbeitsbedingungen werfen wichtige Fragen für die internationale Arbeiterklasse auf. Vom ersten Tag an haben die Streiks die Form einer beginnenden Rebellion nicht nur gegen die Firmenleitungen und die lokalen Behörden angenommen, sondern auch gegen den staatlichen Gewerkschaftsverband ACFTU, der offen als Betriebspolizei für das Regime in Peking fungiert.

Die Forderung der Arbeiter nach unabhängigen Organisationen oder Gewerkschaften stand in vielen der Auseinandersetzungen ganz oben auf der Tagesordnung. Im Honda-Getriebewerk in Foshan und bei Honda Lock in Zhonshan wählten die Arbeiter ihr eigenes Streikkomitee, das mit der Firmenleitung verhandelte. Sie lehnten das Eingreifen von Funktionären der ACFTU als "Vermittler" ab. Arbeiter verurteilten die ACFTU als "Handlanger der Kapitalisten" und als "Verräter" an der Arbeiterklasse.

Die Streiks in China konnten nur im Konflikt mit dem ACFTU-Apparat ausbrechen. Das von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) 1949 geschaffene Regime war nicht wirklich sozialistisch, sondern stalinistisch. Es stand der Arbeiterklasse von Anfang an feindlich gegenüber. Als die Bauernarmeen der KPCh in die Städte einmarschierten, unterdrückten sie als allererstes alle unabhängigen Kämpfe der Arbeiter. Das neue Regime gründete den ACFTU als bürokratisches Instrument zur Kontrolle der Arbeiter in den Betrieben.

Die Klassenfeindschaft der KPCh gegen die Arbeiter verstärkte sich noch, als sie 1978 den offenen Übergang zur kapitalistischen Marktwirtschaft einleitete. Von der Massenstreikbewegung der Solidarnosc in Polen zu Beginn der 1980er Jahre erschreckt, versuchte Peking die Kontrolle über die Arbeiterklasse zu verstärken. 1982 wurde auch das nominelle Streikrecht aus der Verfassung gestrichen, und 1983 wurde die bewaffnete Volkspolizei zur Unterdrückung von Volksaufständen geschaffen. Als Arbeiter und Studenten 1989 gemeinsam für demokratische Rechte demonstrierten, schickte die KPCh Panzer und Truppen, um die Demonstrationen auf dem Tienanmen Platz zu unterdrücken. Im ganzen Land wurden Arbeiter verhaftet.

Unmittelbar nach dem Massaker erläuterte der neue Generalsekretär der KPCh, Jiang Zemin, damals die Aufgaben der ACFTU: "Ihre wichtigste Aufgabe ist, sich um die wirtschaftlichen Probleme der Arbeiter zu kümmern. Wenn Arbeiter sich erheben und rebellieren, haben wir ein großes Problem. Gewerkschaftsorganisationen müssen wachsam gegenüber allen Versuchen sein, eine [chinesische Version von] Solidarnosc oder ähnliche politische Gruppen aufzubauen", sagte er.

Das Massaker auf dem Tienanmen-Platz war ein Signal an das internationale Kapital, dass die KPCh alles tun werde, um die Arbeiterklasse zu unterdrücken. Auslandsinvestitionen flossen ins Land, um die hunderte Millionen Billiglohnarbeiter auszubeuten. In den 1990er Jahren spielte die ACFTU eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle zahlloser Proteste und Streiks, die mit der umfassenden Privatisierung von Staatsunternehmen ausbrachen. Dutzende Millionen Arbeiter wurden damals entlassen. In den letzten zehn Jahren hat sich die ACFTU aggressiv im privaten Sektor ausgebreitet. Sie wirkt dort als Betriebspolizei für einheimische und ausländische Firmen.

Arbeiter in aller Welt sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Der AFL-CIO in den Vereinigten Staaten und der ACTU in Australien mögen eine andere Entstehungsgeschichte haben als der chinesische ACFTU. Aber die Gewerkschaftsbürokratien haben sich in den letzten dreißig Jahren überall zu Apparaten entwickelt, die aufs Engste mit Regierungen und Konzernen zusammenarbeiten, um jede unabhängige Aktivität der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Die Gewerkschaften haben immer das Profitsystem verteidigt. Sie versuchten in der Vergangenheit, geringe Zugeständnisse für die Arbeiter zu vermitteln, um eine umfassende Revolte gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung zu verhindern. Seit der Globalisierung der Produktion ist die Parole der Gewerkschaften aber nicht mehr der reformistische Anspruch, "einen anständigen Lohn für anständige Arbeit", sondern das ständige Bestreben nach "internationaler Konkurrenzfähigkeit". Im Sinne der Unternehmen verlangen die Gewerkschaften von den Arbeitern, dass sie ihre Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen opfern, um mit den Arbeitern anderswo konkurrenzfähig zu bleiben.

Ideologisch sind die Gewerkschaften Brutstätten des Chauvinismus und des Protektionismus, mit denen Arbeiter in einem Land gegen ihre Klassenbrüder und -schwestern in Stellung gebracht werden. Während der jüngsten Streiks in China erwog der AFL-CIO, ob er die Obama-Regierung auffordern solle, die Unterdrückung der Rechte der chinesischen Arbeiter zu untersuchen, da es sich um einen Fall "unfairer Handelspraktiken" handeln könnte. Mit anderen Worten: Die amerikanischen Gewerkschaften haben nicht das geringste Interesse daran, die rücksichtslose Ausbeutung der chinesischen Arbeiter - unter anderem durch amerikanische Konzerne - wirkungsvoll zu stoppen. Der AFL-CIO hat nur insoweit Interesse an deren "Rechten", wie er die Frage als Mittel einsetzen kann, um schwächere Teile des amerikanischen Kapitals zu schützen, und wie er sie nutzen kann, um von seiner eignen Rolle bei der Zerstörung der Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen der amerikanischen Arbeiter abzulenken.

Wie ihre Klassenbrüder und -schwestern in China können auch die Arbeiter in den USA und in anderen Ländern ihre grundlegenden Rechte nur verteidigen, wenn sie gegen die Gewerkschaften rebellieren, die im Grunde nicht anders arbeiten als die Gewerkschaft ACFTU im chinesischen Polizeistaat. Notwendig ist ein vollständiger Bruch mit den Gewerkschaften und mit kleinbürgerlichen ex-radikalen Organisationen, die die Arbeiter an sie fesseln. Der erste Schritt ist, wie in den Honda-Fabriken in China, Betriebskomitees aus vertrauenswürdigen Arbeitern zu wählen, die den Kampf führen, und sich an andere Teile der Arbeiterklasse mit ähnlichen Problemen zu wenden. Nur so kann eine machtvolle unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse aufgebaut werden, die für die Abschaffung der Ausbeutung und ihrer Quelle, des Profitsystems selbst, kämpft.

Ein solcher Kampf wirft grundlegende Fragen auf. Einige derjenigen, die in China behaupten, auf der Seite der Arbeiter zu stehen, fordern "unabhängige Gewerkschaften" als Ziel an sich. Han Dongfang, der ehemalige Führer der Autonomen Arbeiterföderation Pekings, der bei den Protesten von 1989 eine prominente Rolle spielte, setzt sich jetzt für "unpolitische", unabhängige Gewerkschaften ein, die sich auf Tarifverhandlungen mit den Unternehmern beschränken sollen. Sein China Labour Bulletin veröffentlichte im Mai einen Bericht, in dem die KPCh aufgefordert wird, solche Gewerkschaften als effektiveres und kostengünstigeres Instrument für die Kontrolle der beginnenden Arbeiterkämpfe zuzulassen.

Chinesische Arbeiter müssen von den Erfahrungen der Arbeiter in anderen Ländern lernen. Der AFL-CIO, der seine Ursprünge in Massenstreiks der amerikanischen Autoarbeiter in den 1930er Jahren hat, entpolitisierte die Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg mit antisozialistischen Hexenjagden und ordnete die Arbeiter der Demokratischen Partei unter. Heute arbeiten diese Gewerkschaften Arm in Arm mit der Regierung und der Wirtschaftselite. Die United Auto Workers (UAW) war direkt in den Bailout der Obama-Regierung für GM und Chrysler involviert. Sie sitzt als großer Aktienbesitzer in den Aufsichtsgremien der Konzerne und hat Lohnsenkungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen vereinbart.

In näherer Nachbarschaft entstand der koreanische Gewerkschaftsverband KCTU. Er spielte in den militanten Kämpfen der südkoreanischen Arbeiterklasse in den 1980er Jahren gegen die Militärdiktatur eine Rolle. Seinen Führern mangelte es angesichts des Polizeistaats nicht an Mut und Entschlossenheit. Aber seine politische Perspektive beschränkte sich auf die Erringung von Gewerkschaftsrechten im Rahmen des Kapitalismus. Der KCTU wurde in den 1990er Jahren legalisiert und spielte eine kritische Rolle bei der Unterdrückung des Kampfs gegen die Abschaffung des Systems lebenslanger Beschäftigung. Im vergangenen Jahr arbeitete der KCTU mit der Regierung des rechten Präsidenten Lee Myung-bak zusammen. Dieser setzte die Polizei ein, um eine längere Besetzung des Autowerks von Ssangyong zu brechen.

Die wichtige Lehre lautet, dass militante Kämpfe an sich nicht ausreichen. Mit dem Aufbrechen der zweiten Stufe der globalen Wirtschaftskrise sind Arbeiter in jedem Land in der einen oder anderen Weise mit einem verschärften Angriff auf ihren Lebensstandard konfrontiert, oft von den selben internationalen Konzernen. Sobald sie beginnen, für ihre Rechte zu kämpfen, stehen ihnen die Gewerkschaften im Weg, die als Betriebspolizei der Regierung und der Wirtschaftselite arbeiten. Es geht nicht darum, die Gewerkschaften zu reformieren, die organisch unfähig sind, einen Kampf gegen den Kapitalismus zu führen. Es geht darum, auf der Grundlage einer sozialistischen und internationalistischen Perspektive eine bewusste Revolte gegen diese bürokratischen Apparate zu organisieren. Arbeiter können ihre Arbeitsplätze, Löhne, ihren Lebensstandard und ihre demokratischen Rechte nur verteidigen, wenn sie sich weltweit in einem gemeinsamen Kampf gegen den Kapitalismus zusammenschließen. Sie müssen für den Aufbau einer Gesellschaft kämpfen, die die Bedürfnisse der großen Mehrheit der Bevölkerung - und nicht die Profitinteressen der wenigen Reichen - an die erste Stelle stellt.

Siehe auch:
Die chinesische Arbeiterklasse regt sich
(8. Juni 2010)