CIA rächt sich mit Raketenschlägen in Pakistan
Von Bill Van Auken
8. Januar 2010
aus dem Englischen (7. Januar 2010)
Mindestens zwanzig Menschen sind in Pakistan seit dem 30. Dezember in einem offensichtlichen Racheakt durch Raketenangriffe mit unbemannten Drohnen getötet worden. Sie waren die Antwort auf einen Selbstmordanschlag, bei dem sieben CIA-Agenten und ein jordanischer Geheimdienstmitarbeiter getötet wurden.
Der tödlichste Angriff mit Predator-Drohnen der CIA fand am Mittwoch in der Region Datta Khel von Nordwaziristan nahe der afghanischen Grenze statt.
Unter Berufung auf ungenannte Geheimdienstquellen berichtete Associated Press, dass eine der unbemannten Drohnen zwei Raketen auf ein Haus abfeuerte und sieben Personen tötete. Eine Stunde später folgte eine weitere Rakete, als Dorfbewohner sich bemühten, Überlebende zu retten und die Leichen aus den Trümmern zu bergen. Der zweite Schlag forderte mindestens fünf weitere Todesopfer. Einige pakistanische Medien berichteten von insgesamt fünfzehn Toten.
Das von Islamabad aus betriebene International News Network Web berichtete, dass die Raketenangriffe in der Region Panik auslösten. In Pakistan wird befürchtet, dass die USA auf den Selbstmordanschlag auf die Forward Operating Base Chapman in der afghanischen Provinz Khost jenseits der Grenze zu Waziristan mit verstärkten Drohnenangriffen reagieren werden, die noch viel mehr Menschenleben kosten werden.
Die Predator-Angriffe haben in Pakistan breite Verärgerung hervorgerufen, einerseits wegen der Verluste an Menschenleben und andererseits wegen der offensichtlichen Missachtung der Souveränität Pakistans. Regierungsvertreter haben die Angriffe routinemäßig verurteilt, obwohl klar ist, dass Islamabad die Luftschläge zugelassen hat. Viele dieser Angriffe werden von einer geheimen Abschussbasis in der pakistanischen Provinz Belutschistan gestartet.
Die auf der Basis in Afghanistan getöteten CIA-Agenten und privaten Söldner waren für die Auswahl der Ziele für Drohnenanschläge verantwortlich.
Der Selbstmordattentäter Humam Khalil Abu-Mulal al-Balawi war ein jordanischer Arzt, der von der CIA als eine ihrer wichtigsten Quellen in dem verdeckten Krieg an der afghanisch-pakistanischen Grenze betrachtet wurde.
Nach dem Anschlag haben nachrichtendienstliche Kreise bestätigt, dass Balawi die Agenten, darunter den zweithöchsten CIA-Vertreter in Afghanistan, mit dem Versprechen in die Basis gelockt hatte, Erkenntnisse über Ayman al-Zawahiri zu liefern, den ägyptischen Arzt, der weithin als der tatsächliche Führer von al-Qaida angesehen wird.
CBS-News berichtete am Mittwoch, dass Balawi die CIA mit "brauchbaren Informationen" für die Bestimmung von Zielen für Raketenangriffe versorgt habe. Angesichts der Tatsache, dass Balawi offensichtlich für al-Qaida arbeitete, während er vorgab, sie zu infiltrieren, kann man davon ausgehen, dass die Informationen, die er lieferte, falsch waren und die Raketen auf Ziele abgefeuert wurden, die weder etwas mit al-Qaida, noch mit bewaffneten Elementen zu tun hatten, die gegen die US-Besatzungstruppen in Afghanistan kämpfen.
Der Bombenanschlag gegen die Chapman Basis ist ein ernster Rückschlag für die Kampagne der CIA in Pakistan und droht die Strategie der Obama-Regierung für die Eskalation der amerikanischen Militärintervention in der Region zu unterhöhlen.
Der Vorfall wirft auch einige für die CIA beunruhigende Fragen auf.
Balawi wurde der CIA vom jordanischen Geheimdienstministerium empfohlen, der Geheimpolizei des monarchistischen Regimes, die auch unter dem Namen Mukabarat bekannt ist. Auch einer ihrer Agenten, Ali bin Zaid, wurde am 30. Dezember getötet. Bin Zaid soll Balawis Führungsoffizier gewesen sein.
Der jordanische Arzt wurde Anfang 2009 vom Mukabarat verhaftet. Er hatte sich freiwillig für einen ärztlichen Einsatz in Gaza gemeldet, nachdem Israel in das palästinensische Territorium eingedrungen war. Er wurde im Gefängnis angeblich rekrutiert, al-Qaida zu infiltrieren, und dann nach Pakistan geschickt.
Der Zwischenfall wirft Licht auf die fortgesetzte enge Beziehung zwischen der CIA und dem jordanischen Mukabarat. Die Washington Post zitierte den ehemaligen CIA-Agenten Jamie Smith mit den Worten, dass die jordanische Geheimpolizei "besonders für ihre Fähigkeit geschätzt wird, Gefangene zu verhören und Informanten zu gewinnen".
Jordanien war eine Drehscheibe im System der "außerordentlichen Überstellungen". Das bedeutete, dass die CIA Menschen in mehreren Ländern entführte, ohne Urteil festhielt und sie in Drittländer überstellte - eines der prominentesten davon war Jordanien -,wo sie unter Folter verhört wurden.
Menschenrechtsgruppen haben immer wieder auf das "Können" des Mukabarat hingewiesen, der jordanische Oppositionelle routinemäßig foltert.
Die "Sonderbeziehung" zwischen der CIA und dem Mukabarat ist, wie die Post berichtet, so eng, dass "der CIA-Verbindungsoffizier in Amman freien, unbegleiteten Zugang zu der festungsartigen Zentrale des GID hat".
Für das jordanische Regime kommen diese Berichte höchst ungelegen. Es hat versucht, seine Rolle als Washingtons Stellvertreter in der Region zu verschleiern, weil die Politik Washingtons in Jordanien und im ganzen Nahen Osten vehement abgelehnt wird.
Die fortgesetzten und intensivierten Bindungen der CIA an den Mukabarat werfen auch die Frage auf, ob die Obama-Regierung die "besonderen Fähigkeiten" der jordanischen Geheimpolizei immer noch nutzt.
Die andere Sache, die durch den Bombenanschlag bekannt geworden ist, ist die Identität von zweien der Opfer als Angestellte von Xe, früher als Blackwater bekannt. Das ist die bekannteste private Söldnertruppe in den amerikanischen Kriegen im Irak und in Afghanistan. Sie waren offensichtlich von der CIA angeheuert worden.
CIA-Direktor Leon Panetta hatte vergangenen Monat bekannt gegeben, dass der Geheimdienst einen bis dato geheimen Vertrag mit Blackwater-Xe aufgelöst habe, der die Firma mit der Bestückung der Drohnen mit Predator-Raketen und mit ihrer Wartung beauftragt hatte. Vorher hatte Panetta den Kongress schon über ein geheimes Mordprogramm informieren müssen, das mit Blackwater-Söldnern arbeiten sollte. Er behauptete, dass dieses Programm nie über das Planungsstadium hinaus gediehen sei.
Es scheint, dass die Firma immer noch unter einem bisher nicht bekannten Vertrag im Auftrag der CIA arbeitet.
Die Firma hat ihren Namen von Blackwater in Xe geändert, weil er unter anderem wegen der Ermordung siebzehn irakischer Zivilisten in Bagdad im September 2007 berüchtigt war.