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USA drohen Iran mit Sanktionen

Von Peter Symonds
16. September 2009
aus dem Englischen (14. September 2009)

Die Frist des amerikanischen Ultimatums läuft ab und damit rückt das iranische Nuklearprogramm erneut in den Fokus der internationalen Außenpolitik. Letzen Monat warnte die Regierung Obama, sie werde sich für neue harte Sanktionen gegenüber Teheran einsetzen, falls der Iran nicht positiv auf ein Angebot zu Nukleargesprächen Ende September reagiere.

Nachdem Teheran am Mittwoch zuvor einen fünfseitigen Entwurf vorgelegt hatte, erklärten die USA ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Gesprächen des fünf Mitglieder umfassenden Ständigen Sicherheitsrats der UN unter Einbeziehung Deutschlands, (P5+1). Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, P. J. Crowley, erläuterte jedoch, dass die USA an dem Treffen lediglich zur Überprüfung der "Gesprächsbereitschaft Irans" teilnähmen. Auf das iranische Dokument ging er nicht weiter ein.

Selbst wenn Fortschritte in den Gesprächen erzielt werden ist ein Durchbruch unwahrscheinlich. Die USA und ihre europäischen Verbündeten fordern vom Iran die Einstellung der Urananreicherung und die Schließung weiterer Atomanlagen, was dieser immer wieder verweigerte. Vergangene Woche gelobte Präsident Mahmud Ahmadinedschad erneut, der Iran werde sein im Atomwaffensperrvertrag festgeschriebenes Recht zur Produktion nuklearer Brennstäbe nicht aufgeben. Teherans oben genannter Entwurf bezieht sich nicht auf die iranischen Nuklearprogramme.

Wie es aussieht, zielt der Beschluss Washingtons zur Teilnahme an den Gesprächen weniger auf ernsthafte Verhandlungen mit dem Iran ab, als vielmehr darauf, Druck auf Russland und China auszuüben. Diese beiden Länder sind Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat und haben schon deutlich gemacht, dass sie weitere Sanktionen ablehnen. Die USA und die europäischen Mächte drängen auf ein Treffen der P5+1 mit dem Iran noch bevor die Sitzung der Generalversammlung der UN nächste Woche eröffnet wird. Nach ihrer Kalkulation wird durch das Zusammentreten der Versammlung der Druck auf den Iran verstärkt.

Letzte Woche allerdings warnte der russische Außenminister Sergeij Lawrow vor Strafmaßnahmen gegen den Iran: "Einige der erörterten Sanktionen, wie eine Embargo für Öl und Erdölprodukte, sind kein geeignetes Mittel, um die Kooperation des Iran zu erzwingen. Sie wären lediglich der Beginn einer totalen Blockade und ich glaube nicht, dass das im UN-Sicherheitsrat Unterstützung findet."

Auf Grund des Drucks aus Washington existieren schon mehrere Sanktionsmaßnahmen gegen iranische Firmen und Einzelpersonen, die mit dem Nuklearprogramm ihres Landes in Verbindung gebracht werden. Ferner haben die USA auf nationaler Ebene unilaterale Sanktionen beschlossen und andere Länder gedrängt, sich anzuschließen. Derzeit wird ein Exportverbot für Produkte aus raffiniertem Erdöl in den Iran diskutiert - ein Schritt der die iranische Wirtschaft lahm legen könnte, da das Land wegen fehlender Raffineriekapazitäten zum Import von 40 Prozent seines Bedarfs an Treibstoffen gezwungen ist.

In den USA blasen Medien und die politische Führung wegen der angeblichen Entwicklung iranischer Nuklearwaffen zum Kampf. Am letzten Donnerstag kolportierte die New York Times die verschwommene Behauptung der amerikanischen Geheimdienste, der Iran habe "wenn es darauf ankommt, genug nukleares Brennmaterial produziert, um schnell die Bombe zu bauen." In dem Artikel fand sich nichts, was die Schlussfolgerung rechtfertigen könnte, dass der Iran die Anreicherung seines Nuklearmaterials zu waffenfähigem Material plant, oder woraus zu schließen wäre, die amerikanischen Geheimdienste hätten ihr 2007 erstelltes Urteil (National Intelligence Estimate) revidiert, nach dem der Iran seine Pläne zum Bau von Nuklearwaffen 2004 eingestellt habe.

Die Angaben der Zeitung orientierten sich an der Stellungnahme des amerikanischen Gesandten Glyn Davies bei der Jahresversammlung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) letzte Woche, wonach der Iran "Erfolg versprechende Kapazitäten" besitze. Der Iran dagegen besteht auf seinen durch den Atomwaffensperrvertrag garantierten Rechten und hat wiederholt Behauptungen zurückgewiesen, er beabsichtige den Bau von Nuklearwaffen. So wies er auch angebliche Beweise für Produktionsanlagen, die der IAEA von westlichen und israelischen Geheimdiensten unterbreitet worden waren, als Fälschungen zurück.

Die New York Times ließ am Samstag auf den Artikel von letzter Woche noch einen Leitartikel unter der Überschrift "Das September-Ultimatum" folgen. In ihm plädierte sie für neue Sanktionen, sollten die Gespräche scheitern. "Wie amerikanische und europäische Beamte sagen, arbeiten sie derzeit eine "überzeugendere" Sanktionsliste aus. Falls sich Teheran weiterhin widersetzt, sind das Verbot neuer Investitionen im iranischen Energiesektor und die Sperre von Benzinexporten in den Iran die beiden Hauptoptionen", hieß es in dem Leitartikel. "Falls Washington und Europa Russland und den Sicherheitsrat nicht auf ihre Seite ziehen können, müssen sie dieses Mal zum Alleingang bereit sein."

Letzten Donnerstag drohte der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses, Howard Berman mit der Einbringung einer Gesetzesinitiative für amerikanische Sanktionen gegen iranische Benzinimporte. "Bis jetzt bleibt der Iran von Präsident Obamas großzügigem Verhandlungsangebot unbeeindruckt. Sollte der Iran seinen Kurs nicht ändern... werde ich nächsten Monat meine Gesetzesvorlage einbringen und damit beginnen, die Schlinge um den Iran enger zu ziehen." Berman sprach auf einem von pro-israelischen Lobbyisten organisierten "Iran-Tag", wo ein härteres amerikanisches Vorgehen propagiert wurde.

Die Regierung Obama wird von Israel unter Druck gesetzt, das erklärtermaßen keine Atommacht Iran dulden wird und kaum verhüllt mit Luftangriffen gegen die Nukleareinrichtungen des Iran droht. Es war ein außergewöhnlicher Schritt, als der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu letzte Woche per Privatjet eine Geheimreise nach Moskau unternahm. Zwar sind keine Einzelheiten veröffentlicht worden, er soll jedoch die russische Regierung bedrängt haben, den Verkauf der modernisierten S-300 Luftabwehrraketen an den Iran zu stoppen - diese Abwehrwaffen könnten ein Hemmnis für einen israelischen Überfall aus der Luft darstellen.

Selbst ohne israelischen Angriff birgt die amerikanische Initiative für Sanktionen gegen den Iran das Risiko verschärfter Spannungen und eines militärischen Konfliktes im Persischen Golf in sich. Das Verbot von Benzinexporten in den Iran hat eine eigene Logik; es muss auch durchgesetzt werden - entweder indem Exportländer zum Einhalten gezwungen werden, oder, falls dies misslingt, indem eine Blockade über den Iran verhängt wird. Daneben schließt die Regierung Obama amerikanische Luftschläge gegen iranische Nuklearanlagen nicht aus.

Als ob er noch unterstreichen wollte, dass solche Möglichkeiten erwogen werden, erklärte Frankreichs Militärchef General Jean-Louis Georgelin am Donnerstag, eine militärische Intervention sei keine gangbare Option mehr. Auf eine Frage des Atlantikrats antwortete er in Washington: "Es ist sehr schwierig, eine Militäroperation im Iran zu planen, weil wir nicht sicher sind, dass wir das Problem mit einem Mal lösen können, und wenn es mit einem Mal nicht klappt, dann haben wir die Katastrophe."

Am Freitag warnte dann auch der russische Ministerpräsident Wladimir Putin vor einer Militäraktion und sagte, jeder Angriff auf den Iran, wäre "sehr gefährlich und inakzeptabel". Dies würde islamische Extremisten bestärken und "zu mehr Terrorismus führen", sagte er und fügte hinzu: "Ich bezweifle sehr, dass solche Schläge ihr vorgesehenes Ziel erreichen können."

An der Verstärkung des Drucks auf den Iran lässt sich ablesen, dass Obamas Haltung gegenüber Teheran sich nicht grundsätzlich von Bushs Standpunkt unterscheidet. Washington will, dass im Iran ein Regime installiert wird, das offener für die amerikanischen Ambitionen ist. Die USA wollen ihre ökonomische und strategische Vorherrschaft in den energiereichen Regionen des Nahen Ostens und Zentralasiens ausbauen. Daher waren in Obamas Verhandlungsangeboten zur Nuklearfrage von Anfang an Drohungen mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und militärischen Angriffe enthalten, sollte sich der Iran mit den amerikanischen Auffassungen nicht einverstanden erklären.

Siehe auch:
Die Hillary Clinton Doktrin
(25. Juli 2009)
Obamas Berater diskutieren Vorbereitungen für Krieg gegen den Iran
( 22. November 2008)
Die Tragödie der iranischen Revolution
( 12. Februar 2009)