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Iran, die Medien und die World Socialist Web Site

Von Joe Kishore
27. Juni 2009
aus dem Englischen (26. Juni 2009)

Für Joseph Goebbels war die Presse "sozusagen ein Klavier, auf dem die Regierung spielen kann". Im Fall der amerikanischen Medien muss sich die Regierung nicht einmal die Mühe machen, zu spielen: Das Klavier spielt selbst.

Dies trifft ganz besonders auf die Medienberichterstattung über die jüngsten Wahlen im Iran zu.

Die Wahl war kaum vorüber, als die Medien bereits die gewünschte Interpretation lieferten: Präsident Mahmoud Ahmadinedschad führe mittels "manipulierter" Wahlen einen "Staatsstreich" durch. Der Oppositionskandidat, Mirhossein Mussawi, genieße überwältigende Unterstützung in der Bevölkerung und stehe an der Spitze einer "grünen Revolution" für Freiheit und Demokratie.

Diese Analyse wurde ohne den leisesten Anspruch auf Objektivität serviert. Die Möglichkeit, dass die Geschichte noch andere Seiten haben, das Wahlresultat anders interpretiert werden könnte, wurde vollständig ignoriert.

Die Fernseh-Kommentatoren und Zeitungsreporter - ganz zu schweigen von den Kolumnisten - ergreifen offen Partei für den Oppositionskandidaten, der zufällig der von den Vereinigten Staaten favorisierte Kandidat ist.

Eine besonders dreiste Rolle spielt die New York Times, das Sprachrohr des amerikanischen Liberalismus. Im Rückblick wird klar, dass diese Zeitung sich schon vor langer Zeit darauf vorbereitet hat, die US-Regierung zu unterstützen und zu einer Destabilisierungsoperation beizutragen, die das Ziel hat, das Führungspersonal in Teheran auszuwechseln und die Regierung in einer Weise zu verändern, die den ökonomischen und geostrategischen Interessen Amerikas förderlich ist. Die Zeitung schickte neben vielen weiteren Mitarbeitern ihren führenden außenpolitischen Kolumnisten, Roger Cohen, und ihren leitenden Herausgeber, Bill Keller, nach Teheran, um über die Entwicklung zu berichten.

Bis heute hat die Times keine unabhängige Analyse des aktuellen Wahlresultats vorgelegt. Sie geht mit keinem Wort darauf ein, dass angesehene Experten und Kommentatoren die Wahlresultate als im Großen und Ganzen zutreffend einschätzen, - noch hat sie diese widerlegt.

In keinem einzigen Artikel hat die "renommierte Zeitung" zum Beispiel auf die Analyse von Ken Ballen und Patrick Doherty Bezug genommen, die eine Umfrage durchführten und nachwiesen, dass Ahmadinedschad schon vor der Wahl im Verhältnis zwei zu eins in Führung lag. Stattdessen hat die Times vom ersten Tag an kritiklos die Behauptungen Mussawis und seiner Anhänger akzeptiert und stellt sie als Tatsachen hin.

Die New York Times hat den Ton für die übrigen Printmedien angegeben. Inzwischen bringen die TV-Sender eine pausenlose und einseitige Berichterstattung über die Demonstrationen gegen Ahmadinedschad.

Die Medien widmen einen großen Teil ihrer Reportagen dem tragischen Tod einer jungen Frau, Neda Agha-Soltan, die zur Märtyrerin für die Sache der Demokratie erklärt wurde, obwohl die Umstände ihres Todes unklar sind. Offenbar war sie eine Zuschauerin, keine Demonstrantin. Über staatliche Gewalt im Iran wird groß berichtet, aber gleichzeitig wird praktisch nichts über US-Drohnen gesagt, die im benachbarten Pakistan Zivilisten angreifen. Auf diese Weise wurden allein diese Woche in Pakistan achtzig Menschen getötet. Ist das Leben dieser Pakistani etwa weniger wert?

Man muss kein Unterstützer des iranischen Gottesstaats sein - und die WSWS ist die konsequenteste und prinzipiellste Gegnerin dieser Regierung - um die Heuchelei und Unehrlichkeit der amerikanischen Medien zu erkennen.

Desto mehr Mittel den Medien zur Verfügung stehen, desto weniger verlässlich und seriös sind offenbar ihre Informationen. Grundlegende Fragen, die sich im Iran stellen, werden dabei links liegen gelassen.

In den Massenmedien wird keine ernsthafte Analyse der iranischen Geschichte (geschweige denn der reaktionären Rolle, die die USA in dieser Geschichte gespielt haben) oder der Klassendynamik der iranischen Gesellschaft gegeben. Das Programm Mussawis und seines stärksten Verbündeten, des Multimillionärs und Veteranen des Regimes, Akbar Haschemi Rafsandschani, wird völlig ausgeblendet, genau wie Mussawis Rolle bei der Unterdrückung der linken Opposition in den 1980er Jahren.

Auch die geopolitischen Interessen, um die es geht, werden nicht diskutiert, vor allem nicht die Interessen der Vereinigten Staaten. Die Tatsache, dass der Iran an drei Länder grenzt, die gegenwärtig amerikanischen Militärinterventionen ausgesetzt sind - Irak, Afghanistan und Pakistan -, wird nicht als bedeutsam für ein Verständnis der Vorgänge in dem Land erachtet. Die lange Geschichte amerikanischer Provokationen im Iran, wie der Sturz einer gewählten nationalistischen Regierung mit Hilfe der CIA und Washingtons Unterstützung der brutalen Schah-Diktatur werden höchstens beiläufig erwähnt.

Propaganda, die als Berichterstattung und Analyse daher kommt, beschränkt sich nicht auf die Mainstream-Medien. Auch die größeren "linken" Organe, wie die Nation, die Huffington Post, Democracy Now! und viele andere, haben sich dieser Linie angeschlossen.

Die Nation, eine in den USA besonders anerkannte linksliberale Zeitung, schickte ihren außenpolitischen Chefkommentator, Robert Dreyfuss, in den Iran, um die "Farbenrevolution" zu propagieren. Die WSWS hat vor wenigen Tagen schon enthüllt, dass Dreyfuss früher ein prominentes Mitglied der faschistoiden Lydon LaRouche-Gruppe war. Er schrieb damals ein Buch, in dem er den Sturz des Schahs verurteilte.

Die Nation veröffentlichte unter seinem Namen ein Interview mit dem früheren Außenminister Ibrahim Yazdi, mit der erklärten Absicht, die Wahlkrise "einzuordnen". In seinem Buch hatte Dreyfuss Yazdi als den Mann der CIA im Gottesstaat identifiziert.

Nicht anders vorgeblich "sozialistische" Publikationen! Ein kürzliches Posting auf der Web Site des Socialist Worker, dem Organ der International Socialist Organization (ISO), erklärte zustimmend, dass selbst Kräfte "auf der politischen Rechten, die vor Monaten noch US-Schläge gegen den Iran gebilligt hätten, auf der Seite von Iranern" stehen würden, womit sie meinen, auf der Seite der Mussawi-Anhänger. Dass die ISO sich mit neokonservativen Anhängern eines Kriegs gegen den Iran gemein macht, erhöht nicht gerade das Ansehen der Organisation.

Die Obama-Regierung wird für diese kleinbürgerlichen Gruppen zum willkommenen Vehikel, ihren Frieden mit dem amerikanischen Imperialismus zu machen. Jetzt haben sie den "Spielraum", den sie schon lange suchten. Man fühlt regelrecht die Erleichterung, ja Begierde, endlich Schulter an Schulter mit den reaktionärsten Kräften stehen zu können.

Unter diesen Bedingungen spielt die World Socialist Web Site eine absolut entscheidende Rolle. Als rationale, objektive Kraft ist sie ein Gegengewicht gegen den Druck der bürgerlichen Medien, der rechten wie der "linken".

Die WSWS ist nicht bloß eine von vielen Nachrichtenquellen im Web. Nicht nur die Qualität und Breite ihrer Berichterstattung ist einzigartig, sondern vor allem ihre klare politische Perspektive und Orientierung, die sich auf das Erbe der marxistischen Bewegung stützt. Es ist gerade dieses Fundament, das es der WSWS ermöglicht, eine korrekte Analyse aktueller politischer Ereignisse zu geben und der Arbeiterklasse im Iran und international eine unabhängige revolutionäre Perspektive zu bieten.

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Siehe auch:
Internationale Fragen in der Iran-Krise
(26. Juni 2009)
Die Aufgaben der iranischen Arbeiterklasse
( 25. Juni 2009)