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Obama-Regierung heizt Handelskonflikt mit China an

Von Barry Grey
27. Januar 2009
aus dem Englischen (24. Januar 2009)

Schon am zweiten Tag von Präsident Barack Obamas Amtszeit drohte der designierte Finanzminister bewusst provokativ mit Handelssanktionen gegen China. Timothy Geithner, der im Moment noch Chef der Federal Reserve Bank von New York ist, beschuldigte China in einer schriftlichen Erklärung für den Finanzausschuss des Senats am Donnerstag, seinen Währungskurs zu manipulieren. Der Finanzausschuss berät gegenwärtig über die Nominierung Geithners als Finanzminister.

Der Ausschuss beschloss später, dem Senat seine Ernennung zu empfehlen, der ihn wahrscheinlich am Montag bestätigen wird. Den zehn Demokraten im Ausschuss schlossen sich bei dieser Entscheidung fünf Republikaner an.

Geithners schriftliche Erklärung war die Antwort auf Fragen von Senator Charles Schumer aus New York und Senatorin Debbie Stabenow aus Michigan, wie sich Amerika gegenüber der chinesischen Währung, dem Renminbi, verhalten werde. Die Antwort ließ erkennen, dass die neue Regierung gegenüber China auf Konfrontationskurs geht und eine aggressivere Politik als die Bush-Regierung einschlägt. Besonders der Begriff "Manipulation" war eine kalkulierte Provokation gegen die chinesische Regierung, weil das Finanzministerium nach einem Handelsgesetz von 1988 verpflichtet ist, dem Kongress im Frühjahr einen Bericht zu internationalen Währungsfragen vorzulegen. Die offizielle Einstufung eines Landes als "Währungskursmanipulierer" löst aggressive diplomatische Schritte aus, die zu Strafzöllen und anderen handels- und währungspolitischen Gegenmaßnahmen führen können.

Die Bush-Regierung und ihr Finanzminister Henry Paulson vermieden den Begriff "Manipulation" im Verlauf ihrer langwierigen Auseinandersetzungen mit China, obwohl sie immer versuchten, die Chinesen zur Aufwertung ihrer Währung zu veranlassen. Sie widersetzten sich dem Druck amerikanischer Hersteller und Gewerkschaften, die aggressivere Schritte bis hin zu Handelssanktionen forderten, um China zu einer scharfen Aufwertung des Renminbi zu zwingen, die Preise für chinesische Exportwaren zu verteuern und sie gegenüber amerikanischen Produkten weniger konkurrenzfähig zu machen.

Seit 2005, als China die Bindung des Yuan an den Dollar aufhob, ist der Renminbi gegenüber dem Dollar um 20 Prozent gestiegen. Mit den Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise und dem Rückgang der chinesischen Exporte und der gesamten Wirtschaft ist er in den letzten Wochen wieder etwas gefallen.

Der neue, aggressive Ton von Geithners Erklärung signalisiert eine zunehmend protektionistische Stimmung, die von der amerikanischen und globalen Rezession angeheizt wird. Sie erinnert an die Politik der "konkurrierenden Abwertungen" der 1930er Jahre, die für die große Depression charakteristisch war und schließlich zum Weltkrieg führte.

Geithners Erklärung schockierte die Finanzmärkte und trieb den Preis amerikanischer Schatzbriefe nach unten. Dahinter stehen Befürchtungen von Investoren, dass China sich gegen eine Aufwertung seiner Währung wehren könnte, indem es beim Kauf von amerikanischen Schuldverschreibungen Zurückhaltung übt. Die amerikanische Wirtschaft ist stark vom Zufluss chinesischen Kapitals in der Form des Kaufs von Staatspapieren abhängig. Davon hängt ab, ob sie angesichts massiver amerikanischer Handels- und Zahlungsbilanzdefizite flüssig bleiben kann.

In seiner Erklärung für den Finanzausschuss schrieb Geithner: "Präsident Obama glaubt in Übereinstimmung mit vielen Ökonomen, dass China seinen Währungskurs manipuliert." Weiter hieß es dort, Obama sei schon als Senator "für eine Verschärfung der amerikanischen Richtlinien bei der Definition von Währungsmanipulation und bei der Autorisierung neuer Maßnahmen eingetreten, damit Länder wie China nicht länger damit durchkommen, dass sie faire Handelsprinzipien unterhöhlen".

Obama werde "alle diplomatischen Möglichkeiten aggressiv nutzen, um Chinas Währungspolitik zu ändern".

Senator Schumer, der schon einmal einen Gesetzentwurf eingebracht hatte, um China mit Strafzöllen zur Aufwertung seiner Währung zu zwingen, lobte Geithners Erklärung gegenüber der New York Times mit den Worten: "Für die ersten zwei Tage ist das ein großer Schritt." Die andere Senatorin, auf deren Fragen Geithner antwortete, Debbie Stabenow aus Michigan, ist eine enge Verbündete der Bürokratie der Autogewerkschaft UAW. Auch sie hat schon einmal einen Gesetzestext entworfen, der Handelskriegsmaßnahmen gegen China beinhaltete, und der damals von einem gewissen Senator Obama unterstützt wurde.

Geithners Drohung gegen China ist ein wohl kalkulierter politischer Schritt der neuen Regierung. Schließlich hat Geithner in Fragen internationaler Handels- und Währungsbeziehungen langjährige Erfahrung. Bevor er Präsident der Federal Reserve Bank von New York wurde, war Geithner politischer Direktor beim Internationalen Währungsfond. Davor stellvertretender Außenminister der Clinton-Regierung und trug in dieser Position maßgeblich dazu bei, die Asienkrise Ende der 1990er Jahre beizulegen. Davor war er Attaché des Finanzministeriums in Japan. Die Times wies darauf hin, dass "Geithners Spezialgebiet nach eigener Einschätzung die Währungs- und Geldpolitik ist".

Zudem beeilte sich die Obama-Regierung zu versichern, dass Geithners Erklärung die Position des Präsidenten wiedergebe. Die Times zitierte ein namentlich nicht genanntes Mitglied der Regierung mit den Worten, Geithner habe "nur wiederholt, was Obama im Wahlkampf immer wieder gesagt hat". Die Zeitung zitierte den Sprecher weiter in dem Sinne, dass der Präsident die Absicht habe, "alle diplomatischen Wege auszuschöpfen" um in der Währungsfrage zu einem Ergebnis zu kommen.

Der provokative und unverantwortliche Ton der Regierungsäußerungen beunruhigt sogar die Nationale Vereinigung der Produzenten (National Association of Manufacturers), deren Mitglieder schon seit langem für eine härtere Gangart in Handelsfragen gegen China eintreten. Frank Vargo, der Vizepräsident der Vereinigung für internationale Angelegenheiten, sagte: "Wissen Sie, die Welt hat sich mit der Finanzkrise stark verändert und China hält eine Menge US-Schatzbriefe. Man muss da kooperativ herangehen, nicht konfrontativ." (New York Times)

China reagierte am Freitag verärgert auf Geithners Erklärung. Agence France Press zitierte das chinesische Handelsministerium mit den Worten: "Niemals hat Peking mit sogenannter Währungsmanipulation versucht, einen Vorteil im internationalen Handel zu gewinnen." Es fügte hinzu: "China in Wechselkursfragen grundlos zu beschuldigen, stärkt nur amerikanischen Protektionismus, wird aber nichts zu einer wirklichen Lösung der Probleme beitragen."

Die Entscheidung der neuen Regierung, schon in ihren ersten Tagen eine Konfrontation mit China zu provozieren, lässt erahnen, was noch bevorsteht. Die Weltwirtschaftskrise, die ihr Zentrum in den Vereinigten Staaten hat, wird die aggressiven, nationalistischen und militaristischen Tendenzen des amerikanischen Imperialismus nur noch weiter verstärken. Diese Entwicklung wird die Obama-Regierung nicht weniger prägen als ihre Vorgängerin.

Siehe auch:
Kann China die Bankenrettungspläne der USA und Europas finanzieren?
(29. Oktober 2008)
Obamas Anordnungen lassen Folter und unbegrenzte Inhaftierung intakt
( 24. Januar 2009)