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Bush ernennt Negroponte zum Nationalen Geheimdienstkoordinator

Ein Veteran für Subversion und schmutzige Kriege

Von Bill Van Auken
4. März 2005
aus dem englischen (18. Februar 2005)

Präsident Bushs Nominierung von John Negroponte zum Nationalen Geheimdienstkoordinator der USA ist ein weiterer Hinweis darauf, dass seine zweite Amtszeit von einer Eskalation militärischer Gewalt nach außen und weiteren Angriffen auf demokratische Rechte im Inland geprägt sein wird. Das neue Amt soll die Arbeit der fünfzehn zivilen und militärischen Nachrichtendienste im "Krieg gegen den Terrorismus" zentralisieren und koordinieren. Seine Schaffung ist die weitest gehende Änderung der nationalen Geheimdienstlandschaft seit dem Beginn des Kalten Kriegs vor mehr als einem halbem Jahrhundert.

Negroponte hat sich unter anderem als US-Botschafter in Honduras für sein neues Amt qualifiziert. Als Leiter der US-Vertretung in dem mittelamerikanischen Land war er an verdeckten Operationen der CIA beteiligt. Er spielte eine führende Rolle im Krieg der "Kontras" gegen Nicaragua, der Zehntausende Opfer kostete. Außerdem war er in die Aktivitäten von Todesschwadronen in Honduras selbst verwickelt. Später war er als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen die treibende Kraft hinter den Sicherheitsratsresolutionen, die gestützt auf gefälschte Geheimdienstberichte den Einmarsch der USA in Irak vorbereiteten.

Im Juni 2004, als die USA die Übergangsverwaltung abwickelten und ein irakisches Marionettenregime unter dem Interimsministerpräsidenten und langjährigen CIA-Mitarbeiter Ijad Allawi einsetzten, übernahm Negroponte die Leitung der amerikanischen Botschaft in Bagdad. Obwohl er hauptsächlich hinter den Kulissen wirkte, übernahm Negroponte die Rolle eines kolonialen Prokonsuls. Er war für die amerikanische Besatzung zuständig, als diese mit zunehmender Gewalt vorging und Falludscha zerstörte.

Bush gab Negropontes Ernennung zum Geheimdienstkoordinator auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus bekannt, die länger als eine halbe Stunde dauerte. Nachdem er Negropontes "einzigartige Qualifikationen" hervorgehoben hatte, erklärte er:"Wenn wir die Terroristen stoppen wollen, bevor sie zuschlagen können, dann müssen wir unsere Geheimdienste zu einem einzigen, einheitlich arbeitenden Unternehmen machen."

Das Pressecorps des Weißen Hauses reagierte auf die Bekanntgabe mit der üblichen Unterwürfigkeit. Es ignorierte Negropontes Vergangenheit und ging über die Bedeutung der Umorganisation des riesigen amerikanischen Geheimdienstapparates zu einem "einheitlichen Unternehmen" hinweg.

Die meisten Berichte beschränkten sich darauf, in Frage zu stellen, ob die Schaffung eines neuen "Geheimdienstzaren" tatsächlich die bürokratischen Rivalitäten der zahlreichen betroffenen Dienste überwinden könne, und besonders, ob sie eine positive Wirkung auf die massiven nachrichtendienstlichen Operationen des US-Militärs haben werde. Es gibt Spekulationen, dass dem neuen Amt das gleiche Schicksal beschieden sein könnte, wie dem Heimatschutzministerium, das wenig wirkliche Kontrolle über die Behörden ausübt, die ihm formell angegliedert sind.

Nach offizieller Washingtoner Lesart ist die Schaffung des Amts eines Nationalen Geheimdienstkoordinators (NID) Bestandteil einer Umstrukturierung der US-Geheimdienste, die als Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September 2001 zukünftige Terroranschläge verhindern soll.

Die Einrichtung des neuen Amtes war eine der wichtigsten Empfehlungen der überparteilichen Kommission, die die Regierung einberufen hatte, um die Anschläge vom 11. September zu untersuchen. Die Untersuchungsergebnisse der Kommission gingen davon aus, dass die Anschläge vom 11. September das Ergebnis eines "Versagens der Geheimdienste" waren, und insbesondere einer mangelnden Koordination zwischen CIA und FBI.

Die Informationen, die während und nach der Untersuchung ans Tageslicht kamen, haben zwar die Behauptungen der Regierung als Lügen entlarvt, sie habe keine Warnung vor Terrorangriffen innerhalb der USA erhalten und niemand habe sich vorstellen können, dass entführte Flugzeuge als Geschosse missbraucht werden könnten. Doch die Kommission untersuchte nicht, warum diese Warnungen ignoriert wurden und die Sicherheitskräfte des Landes am Tag der Anschläge praktisch demobilisiert waren. Die offensichtliche Frage, die sich aus dem 11. September ergab, wurde nicht einmal gestellt: Hatten Elemente in der Regierung oder im Geheimdienstapparat die Anschläge geschehen lassen, um einen Vorwand für längst geplante Eroberungskriege in den ölreichen Regionen Zentralasiens und des Persischen Golfs zu schaffen?

Das angebliche Heilmittel gegen einen neuen 11. September läuft darauf hinaus, Geheimdienste, deren Rolle bei den Ereignissen jenes Tages alles andere als klar ist, mit mehr Macht auszustatten.

Der neue NID soll den Haushalt der zivilen und militärischen Dienste kontrollieren und das Nationale Zentrum für Gegenterrorismus beaufsichtigen, das nicht nur Informationen beschaffen, sondern auch verdeckte Operationen anordnen darf.

Mit dieser Vereinheitlichung der Nachrichtendienste wird die gesetzliche Regelung aufgehoben, die es der CIA und den militärischen Geheimdiensten untersagt, im Inland zu spionieren und verdeckte Operationen durchzuführen. Dieses Verbot galt seit der Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes von 1947. Damals hatten Demokraten wie Republikaner vor der Gefahr gewarnt, die neugegründete CIA könnte zu einer "amerikanischen Gestapo" werden.

Nun wird ausgerechnet unter Negropontes Verantwortung der Rahmen für einen derart allumfassenden Geheimpolizeiapparat geschaffen, ausgestattet mit Sondervollmachten und Mitteln, die es ihm erlauben, jeden auszuspionieren und zu unterdrücken, der als Bedrohung für die herrschende amerikanische Elite und ihre Regierung betrachtet wird.

Ironischerweise steht Negroponte, der die vielfältigen Nachrichtendienste vereinheitlichen soll, unter dem Vorwurf, im Irak einen eigenen Geheimdienst ins Leben gerufen zu haben. Der amerikanische Think Tank Stratfor, der enge Beziehungen zu Kreisen des amerikanischen Militärs und der Nachrichtendienste unterhält, berichtet, Negroponte habe in Irak seinen eigenen "parallelen Geheimdienst" unterhalten, weil er dem Chef des Büros der CIA in Bagdad nicht getraut habe.

Solche informellen Geheimdienste sind laut Stratfor ins Kraut geschossen. Der bekannteste war die "Forschungsgruppe Gegenterrorismus" des Pentagon, die Beweise für angebliche Verbindungen des irakischen Regimes zu Al Qaida finden sollte.

Die Ausbreitung solcher inoffiziellen Operationen, bemerkt Stratfor, "droht den neuen - noch zu ernennenden - Nationalen Geheimdienstkoordinator (NID) zum Scheitern zu verurteilen. Solange Regierungsbehörden und Nebengeheimdienste sich gegenseitig behindern, wird es dem NID nicht gelingen, alle Aufklärungsaktivitäten unter einen Hut zu bekommen. Die Verbreitung kleiner separater Nachrichtendienste untergräbt auch die Fähigkeit der Regierung, sich ein klares Bild von den Realitäten vor Ort zu machen - im Irak oder sonstwo."

Genau das war Negropontes Absicht. Er wollte der Einschätzung der CIA entgegenwirken, deren Bürochef in seinem Jahresbericht eine nüchterne Einschätzung der Lage der US-Besatzung gegeben und gewarnt hatte, dass der Widerstand außer Kontrolle geraten könne. Negroponte widersprach dieser Einschätzung in einem langen eigenen Bericht, in dem er eine wesentlich rosigeres Bild einer Lage zeichnete, die von der CIA, dem Außenministerium und Teilen des Militärs als Debakel eingeschätzt wird.

Als Nationaler Geheimdienstkoordinator wird Negroponte zweifellos in diesem Stil weiter arbeiten und Druck auf die CIA und andere Dienste ausüben, damit sie ihre Einschätzungen den politischen Bedürfnissen der Regierung anpassen. In dieser Hinsicht wird er mit dem neuen Direktor der CIA, Porter Goss, auf einer Linie liegen, der im vergangenen November ein Memo an die Angestellten des Dienstes schickte, in dem er sie aufforderte, sich nicht "mit Opposition gegen die Regierung oder ihre Politik zu identifizieren, oder diese zu unterstützen".

Vor dem Irak war Negropontes prägende Erfahrung mit Geheimdienstangelegenheiten seine Zeit als US-Botschafter in Honduras von 1981 bis 1985. Er wurde als Botschafter nach Tegucigalpa geschickt, weil sein Vorgänger sich nicht an die Vorgabe gehalten hatte, den Mantel des Schweigens über die zunehmende Welle von Morden, Entführungen, Einkerkerungen und Folterungen durch das herrschende Militär-Regime zu breiten.

Negroponte stoppte nicht nur alle Berichte über Menschenrechtsverletzungen, er war während seiner vierjährigen Amtszeit führend an ihnen beteiligt. Zu seiner Zeit stieg die US-Hilfe für das hoduranische Militär von vier Millionen Dollar im Jahr auf fast 80 Millionen Dollar - ein Anstieg um das Zwanzigfache. Er war auch für eine starke Ausweitung der CIA-Aktivitäten in Honduras verantwortlich, und das CIA-Büro dort wurde zum weltweit größten.

Eine der CIA-Operationen bestand in der Ausbildung und Ausrüstung einer militärischen Einheit mit Namen Battalion 3-16, die für die Entführung, illegale Verhaftung, Folter und Ermordung Tausenderhonduranischer Journalisten, Gewerkschaftsaktivisten, Studentenführer und anderer tatsächlicher oder vermeintlicher Gegner des Militärs und der US-Politik in der Region verantwortlich war. Überlebende berichteten, brutal geschlagen, mit Elektroschocks misshandelt, sexuell missbraucht und nackt in Zellen mit wenig oder gar keinem Essen und Trinken gehalten worden zu sein. Viele sagten aus, sie seien in ihrer Gefangenschaft auch von Amerikanern verhört worden.

In dieser Zeit veröffentlichte Negroponte regelmäßig Berichte, die Honduras als demokratischen Modellstaat lobten, während er Memoranden von Botschaftsangehörigen, die über Menschenrechtsverletzungen informierten, gezielt unterdrückte.

Honduras spielte für die US-Politik in der Region eine entscheidende Rolle. Das Land diente als Militärstützpunkt für Washingtons verdeckten Krieg gegen Nicaragua, der 50.000 Menschenleben kostete, überwiegend Opferdes Terrors der von der CIA organisierten "Kontras". Negroponte war ein wichtiges Bindeglied zwischen den Kontras und dem illegalen Netzwerk der Reagan-Regierung unter Oberst Oliver North, das die verdeckte Finanzierung der Söldnertruppe aufrecht erhielt, nachdem der Kongress beschlossen hatte, ihr keine Unterstützung mehr zu gewähren.

Die nicaraguanische Regierung zog vor den Internationalen Gerichtshof und forderte ein Ende der von den USA gesponserten Aggression. Das Haager Gericht befand Washington der "ungesetzlichen Anwendung von Gewalt" für schuldig - eine juristische Bezeichnung für Staatsterrorismus. Ein großer Teil dieses Terrors ging von Stützpunkten in Honduras aus, die unter der Verantwortung Negropontes aufgebaut worden waren. Washington reagierte, indem es die Autorität des Gerichtshofs zurückwies.

Unabhängig davon, über welche Vollmachten der Nationale Geheimdienstkoordinator letztlich verfügen wird, zeigt die Ernennung Negropontes zum obersten Chef aller zivilen und militärischen Nachrichtendienste unmissverständlich, dass Washington seine kriminelle Politik verschärfen wird, die jetzt schon zu unprovozierten Kriegen, Ermordungen und weitverbreiteter Folter geführt hat. Die Integration von CIA, FBI, militärischem Geheimdienst und anderen Diensten unter seiner Führung erhöht die Gefahr, dass diese kriminellen Methoden auch gegen Gegner dieser Politik in den Vereinigten Staaten selbst angewandt werden.

Siehe auch:
Elliot Abrams: Befürworter von Todesschwadronen soll den "Kreuzzug für Demokratie" leiten
(19. Februar 2005)