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US-Medien und das amerikanische Establishment sind Komplizen beim Angriff auf Falludscha

Von der Redaktion
13. November 2004
aus dem Englischen (9. November 2004)

In Falludscha findet eine mörderische Operation statt und die US-Medien sind ebenso wie das politische Establishment in den Vereinigten Staaten als Komplizen an diesem Verbrechen beteiligt.

Kein Kommentator einer größeren Tageszeitung oder Nachrichtensendung zeigt irgendwelche Skrupel angesichts des amerikanischen Angriffs. Kein einziger Kolumnist der New York Times oder Washington Post hält es überhaupt für notwendig, Falludscha zu erwähnen. Der Hoffnungsträger der Demokratischen Partei bei den jüngsten US-Präsidentschaftswahlen hatte nicht ein Wort dazu zu sagen.

Diese allumfassende Komplizenschaft ist das Symptom einer unheilbaren Krankheit. Die obersten Schichten der amerikanischen Gesellschaft sind hoffnungslos verdorben und sittlich am Ende.

Selbst als Tausende Elitesoldaten der Marines in Falludscha einfielen, um irakische Widerstandskämpfer abzuschlachten, erwähnten amerikanische Kommentatoren die Aktion kaum, ganz so als handele es sich um ein normales Ereignis, das keine Diskussion wert ist. Es geht hier um eine Stadt, die umzingelt und von Rest der Welt abgeschnitten ist und deren männliche Bevölkerung im Alter von 15 bis 50 Jahren von Seiten des US-Militärs den Tod zu erwarten hat, und niemand in den Medien kann sich dazu aufraffen, Bedenken anzumelden.

Die vorsätzliche Zerstörung eines größeren Stadtzentrums durch eine Großmacht wurde seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Die Phrasen, die in den Medien verwendet werden - Kriegsflugzeuge und Panzer "weichen die Verteidigung auf", die 300.000 Einwohner zählende Stadt wird von Aufständischen "gesäubert" - sollen die amerikanische Öffentlichkeit über den wahren Charakter des Angriffs täuschen. Tatsächlich handelt es sich um eine mörderische Operation mit dem Ziel, eine wichtige Basis der Opposition gegen die kolonialistische US-Besatzung und ihr Marionettenregime zu zerstören.

Unter der Überschrift "Schreie werden nicht gehört" geht Madeleine Bunting in der britischen Zeitung Guardian auf den schmutzigen und unwirklichen Charakter des amerikanischen Propagandakriegs ein: "Die Stadt wird mit Präzisionsangriffen aus der Luft ‚aufgeweicht’. Die Befriedung Falludschas ist der Schlüssel geworden, um das Land vor den Wahlen im Januar zu stabilisieren. Der ‚finale Angriff’ steht bevor, und bei diesem werden die Ausländer, die die beinahe komplett verlassene irakische Stadt mit ihrem extremistischen Islam infiltriert haben, ‚ausgelöscht’, ‚beseitigt’ oder ‚zerschlagen’. Oder wie es ein Marine ausdrückte: ‚Wir werden die Herzen Falludschas gewinnen, indem wir die Stadt von Aufständischen befreien. Wir tun dies, indem wir in den Straßen patrouillieren und den Feind töten.’"

Da nur in das US-Militär "eingebettete" Journalisten vor Ort sind, stellt Bunting fest: "Im Zeitalter unverzögerter Kommunikation werden wir Monate, wenn nicht Jahre warten müssen, um zu erfahren, was in den nächsten paar Tagen in Falludscha passiert."

Die Zusicherungen des amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld - "Es werden nicht viele Zivilisten getötet, sicherlich nicht von US-Kräften" - sind überhaupt nichts wert und stammen aus dem Mund eines berüchtigten Kriegsverbrechers. Rumsfelds Bemerkung, unschuldige Menschen könnten außerhalb der Schusslinie bleiben und nur die "Terroristen" würden getötet, heißt einfach nur, dass das Pentagon alle Toten in Falludscha als "Aufständische" bezeichnen wird. Oder wie ein Vertreter des US-Militärs der Agence France Presse mitteilte: "Man kann sich überhaupt nicht vertun, wer sich auf den Straßen aufhält, gehört zu den Bösen. Neunzig Prozent der Bevölkerung sind weggegangen."

Nach dieser Rechnung blieben immer noch 30.000 Menschen in der Stadt, die vermutlich alle als Freiwild angesehen werden. Rumsfeld hat versprochen, dass die Operation in Falludscha mit dem Namen "Phantom Fury" diesmal zu Ende gebracht wird. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie aufhört, ohne vollendet zu sein", sagte er.

Blutdurst durchzieht die amerikanischen Medien bei ihrem Versuch, die öffentliche Meinung verrohen zu lassen. In Bezug auf Falludscha ist kein nennenswerter Unterschied zwischen der rechten Schmierpresse und den respektableren liberalen Presseerzeugnissen festzustellen.

Ralph Peters rät dem US-Militär in Rupert Murdochs New York Post, "die Pest des Fanatismus auszuräuchern und dem irakischen Volk zu beweisen, dass das amerikanische Militär nicht in Schach gehalten oder besiegt werden kann. Wenn dies eine großangelegte Zerstörung bedeutet, so müssen wir den Preis akzeptieren."

Die "liberale", der Demokratischen Partei nahe stehende Detroit Free Press spricht mit Wohlgefallen davon, dass "das Rückgrad des Aufstands gebrochen wird". "Wenn Tausende von ihnen in Falludscha getötet werden", so die Hoffnung der Zeitung, würden andere irakische Kämpfer zu dem Schluss kommen, dass Widerstand "sich nicht länger lohnt". Die New York Times nutzt die Gunst der Stunde und fordert am ersten Tag des Angriffs in einem Leitartikel die Entsendung von weiteren 40.000 US-Soldaten in den Irak.

Das offizielle Amerika ist von einem abstoßenden Blutdurst beherrscht, während gleichzeitig Dutzende Millionen Menschen ihre Ablehnung des Kriegs in Protesten, Meinungsumfragen und in den jüngsten Wahlen kundgetan haben. Etwa 80 Prozent der 55 Millionen Wähler, die dem Demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry ihre Stimme gegeben haben, sind gegen den Krieg - das sind allein 44 Millionen Menschen. Diese Stimmungen bleiben systematisch ausgeklammert und werden unterdrückt.

Menschen aus allen Lebensbereichen sind entsetzt über den Krieg und seine jüngste, noch tödlichere Phase. Es gibt zahllose politische Organisationen, Gelehrte und Experten, die den verbrecherischen Charakter des Konflikts bezeugen und die wahren, verheimlichten Motive der US-Invasion benennen können. Doch das amerikanische Establishment ist nicht bereit, irgendjemanden, der gegen den Irakkrieg ist, in den Medien auftreten und seine Meinung vortragen zu lassen. Hier gibt es keine Gleichberechtigung im Wettstreit der Meinungen - Opposition gegen den Krieg gilt nicht als berechtigte Haltung. Dies allein widerlegt die Behauptung, der Krieg gegen Irak habe irgendetwas mit "Demokratie" zu tun.

All das Geschwätz und Geschrei in den Medien kann nicht die schändliche Wirklichkeit überdecken. Bushs Wahlsieg, den er durch Panikmache und Täuschung erlangte, wird nun benutzt, um vergangene Verbrechen abzusegnen und neue, noch größere zu rechtfertigen. Wie groß auch die politische Verwirrung in den Vereinigten Staaten sein mag, die Massaker in Falludscha sind nicht Ausdruck des Willens der amerikanischen Bevölkerung.

Die Schlacht ist auf obszöne Weise einseitig und, was die amerikanische Seite betrifft, vollkommen feige. Das US-Militär setzt die modernsten und furchtbarsten Waffen ein, um ein paar tausend leicht bewaffnete Kämpfer auszulöschen.

Ein irakischer Journalist berichtete dem Sender Al Dschasira : "Amerikanische Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, F16- und C130-Kampfjets nehmen am Angriff auf Falludscha teil. Im westlichen Teil der Stadt kommt es nun zu gewalttätigen Zusammenstößen. Die US-Soldaten werden von Panzern und Hubschraubern unterstützt. Kämpfe sind auch im Stadtteil Dschulan ausgebrochen. Der Widerstand in diesen Gebieten ist erbittert. Die Verteidiger der Stadt antworten auf die amerikanischen Angriffe mit Allem, was ihnen zur Verfügung steht."

Um die Zerstörung Falludschas zu rechtfertigen, behaupten die Marionettenregierung unter Premierminister Ajad Allawi und das Pentagon, dass der Widerstand aus "Terroristen" und "Verbrechern" bestehe. Doch selbst die amerikanischen Medien können diese grobe Lüge nicht lückenlos durchhalten.

So schrieb Darrin Mortenson in der kalifornischen Zeitung North County Times : "Nachdem der letzte Vormarsch der Marines auf Falludscha Anfang April [2004] zum Stillstand gekommen war, hielten die Truppen ihren hart erkämpften Stützpunkt in den paar ersten Straßenzügen der Stadt, während die Politiker Politik machten und die Planer planten. Die Truppen bemerkten, dass sie nicht nur verbarrikadierten Fanatikern und ausländischen Kämpfern gegenüber standen, sondern auch einer Stadt voller patriotischer irakischer Zivilisten, die ihre Stadt verteidigten. Viele sagten, dass sie das Gleiche täten, wenn jemand ihre Heimatstadt angreifen würde, und bewunderten die Durchhaltekraft ihres Feindes."

Nur die Allerdümmsten und schamlosesten Lügner in den Medien bestreiten, dass eine Massenopposition gegen die US-Präsenz existiert und täglich wächst. Es wird allerdings nicht erlaubt, angesichts dieser Tatsache die generelle Darstellung der amerikanischen Mission als "Nationbuilding" und "Demokratisierung" in Frage zu stellen.

Ein Vermächtnis des Vietnamkriegs ist die berüchtigte Aussage, dass "ein Dorf zerstört werden muss, um es zu befreien". Nun ist der US-Imperialismus dabei, ein ganzes Land zu zerstören, um es zu "retten".

Selbst wenn man den unbewiesenen und fragwürdigen Behauptungen Glauben schenkt, dass sich der angebliche Erzterrorist Abu Mussab Sarkawi in der Stadt aufhält, was ist das Verbrechen der Widerstandskämpfer in Falludscha? Dass sie bewaffneten Widerstand leisten gegen eine ausländische Besatzungsmacht, die ein Auge auf das Territorium und die Bodenschätze des Landes geworfen hat?

Wenn dies ein Verbrechen ist, so gilt dasselbe für den Widerstand gegen die Besatzungstruppen des Hitlerregimes in großen Teilen Europas. Warum sollte man nicht rückwirkend die Repression der Nazis gegen den französischen oder italienischen Widerstand gutheißen? Vielleicht ist es an der Zeit, die Weisheit und Reife der deutschen Politik während des Zweiten Weltkriegs anzuerkennen? Schließlich behaupteten auch die Nazis von ihren Gegner, dass es sich um "Terroristen" und "Verbrecher" handelte.

In den amerikanischen Medien gibt es keine ernsthafte Untersuchung der irakischen Opposition. Wer sind diese Leute? Warum kämpfen sie? Wer stirbt durch das amerikanische Militär? Diese Fragen interessieren die eingebetteten Journalisten und ihre Vorgesetzten in den Vereinigten Staaten beinahe ebenso wenig wie sie das Pentagon interessieren.

Die US-Medien stellen den Schlächter Allawi, dessen Hände von Blut tropfen, als "legitimen" irakischen Staatschef dar. Dieser ehemalige und zukünftige CIA-Mann besuchte die wichtigste amerikanische Militärbasis vor Falludscha und hielt seine Soldaten - diejenigen, die nicht desertiert waren - mit folgenden Worten an: "Eure Aufgabe ist es, die Mörder zu verhaften, aber wenn ihr sie tötet, dann sei es so." Die Presse berichtete diese Schweinerei ohne jeden Kommentar.

Während des Vietnamkriegs wandten sich Teile der amerikanischen Elite, die in zentralen Positionen auf die öffentliche Meinung einwirkten, gegen die Regierungspolitik. Das Ausmaß der Gewalt selbst nahm dem Konflikt seine Legitimation, und zwar nicht nur in den Augen der Bevölkerungsmasse sondern auch bei Teilen des politischen und medialen Establishments. Es war damals nicht möglich, und ist es auch heute nicht, einem Krieg "demokratische" und "fortschrittliche" Ziele zuzuschreiben, der die vorsätzliche Verstümmelung und Tötung Hunderttausender Unschuldiger mit sich bringt.

Etwa 100.000 Iraker sind bis heute infolge der US-Invasion und Besatzung gestorben. Falludscha wird die Zahl in die Höhe treiben. In dieser Bereitschaft, eine Stadt zu schleifen, weil sie ein Anziehungspunkt für den Widerstand gegen imperialistische Besatzung geworden ist, ist der ganze Irakkonflikt sichtbar und enthalten.

Die Stadt wird dem Erdboden gleich gemacht, um den Irakern "eine Lehre zu erteilen", die auch an all jene gerichtet ist, die es wagen sollten, sich dem amerikanischen Streben nach Weltherrschaft in den Weg zu stellen. Der pensionierte Oberst einer Eliteeinheit Gary Anderson sagte gegenüber dem Wall Street Journal : "Dies ist in erster Linie eine politische Schlacht. Falludscha hat wenig bis gar keine militärische Bedeutung. Aber jeder weitere Tag, an dem die Aufständischen die Stadt halten, ist ein politischer und psychologischer Sieg für sie."

Mit anderen Worten: Was in Falludscha vollzogen wird, ist eine Politik des Exempelstatuierens und der kollektiven Bestrafung - eine Praxis, die mit den Nazis und der Wehrmacht identifiziert wird und ein ausdrückliches Kennzeichen eines verbrecherischen Krieges ist, wie er mit den Genfer Konventionen nach dem Zweiten Weltkrieg für illegal erklärt wurde.

An den Angriff auf Falludscha wird man sich über Generationen hinweg als Gräueltat erinnern. Trotz des Schwalls von Lügen und Falschinformationen wird am Ende die Wahrheit hervortreten. Wenn das amerikanische Militär seine Ziele bis zum mörderischen Ende verfolgt, wird der Name der irakischen Stadt seinen Platz neben Guernica, My Lai und anderen Symbolen imperialistischer Barbarei einnehmen.

Siehe auch:
Deutsche Medien und Falludscha
(12. November 2004)
US Truppen veranstalten Gemetzel in Falludscha
( 12. November 2004)