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Streik der VW-Arbeiter von Mexiko beendet

Von Gerardo Nebbia
14. September 2001
aus dem Englischen (11. September 2001)

Der 18-tägige Automobilarbeiterstreik in Mexiko, der das riesige Volkswagen-Werk in Puebla lahm legte, ging am 5. September zu Ende, nachdem die Gewerkschaft ein Angebot der Geschäftsleitung akzeptiert hatte. Die 12.400 Arbeiter bekommen 10,2 Prozent mehr Lohn, zusätzliche Essensgutscheine im Wert von 3,5 Prozent und eine Erhöhung der Schulzulage für ihre Kinder von 1 Prozent.

Im vergangenen August hatten die Beschäftigten des 100 Kilometer außerhalb von Mexiko City gelegenen Werks in einem fünftägigen Streik eine 21-prozentige Lohnerhöhung erkämpft. Beide Lohnerhöhungen zusammen hinken allerdings immer noch weit hinter der Inflation zurück, die seit 1994 um 352 Prozent angestiegen ist. Mit der jüngsten Erhöhung steigt der Durchschnittslohn bei VW auf 226 Pesos am Tag - etwa 55 DM. Das liegt nur knapp über der Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie.

Ursprünglich hatte die Unabhängige Gewerkschaft der VW-Arbeiter (SITVW) 31 Prozent gefordert, und am 29. August hatten die Arbeiter ein Angebot von 9 Prozent zurückgewiesen, das die Gewerkschaftsführung bereits akzeptiert hatte.

Die Gesamterhöhung von 14 Prozent ist der VW-Geschäftsführung aber zuviel. Nach Bekanntgabe des Abschlusses kündigte der Vizepräsident von VW Mexiko, Francisco Bada, an, dass VW eine geplante Investition von 3 Milliarden Mark stoppen werde. Stattdessen werde die Jetta-Produktion in China erhöht, wo die Arbeiter laut Aussage von VW-Vertretern "weniger anspruchsvoll" sind. VW verlässt sich offensichtlich auf die brutale Unterdrückung chinesischer Streik durch das Regime in Peking, um die Ansprüche der Arbeiter zu zügeln.

VW bemüht sich rund um die Welt, die Kosten zu Lasten der Arbeiter zu senken. Am 28. August schloss der Konzern in Deutschland mit der IG Metall den Vertrag "5000 x 5000" ab, der eine längere Arbeitszeit, weniger Lohn und eine erhöhte Produktivität als Gegenleistung für neue Investitionen festschreibt. Letztes Jahre entließ VW im Werk Uitenhage in Südafrika 1.300 Arbeiter, die gegen die Entlassung von 13 militanten Vertrauensleuten gestreikt hatten.

Der Streik in Mexiko fand vor dem Hintergrund weltweit sinkender Verkaufszahlen statt. Anfang August senkte das Werk die Produktionszahlen und entließ 400 Arbeiter. Als der Streik begann, stand die Produktion von zwei Wochen auf Halde, was seine Auswirkung minderte. Der Streik wirkte sich jedoch schnell auf Zulieferbetriebe im Bundesstaat Puebla aus, dessen eine Million Einwohner stark von der Autoindustrie abhängig sind.

Der Abschluss erfolgte nach intensiven Verhandlungen, an denen der mexikanische Arbeitsminister Calos Abascal und Gewerkschaftsführer beteiligt waren, die die Entwicklung einer breiteren Bewegung gegen die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen und die Regierung von Präsident Vincente Fox verhindern wollen. Am Vorabend hatten Telefonarbeiter, Piloten und Transportarbeiter - Mitglieder der drei Jahre alten "Reform"gewerkschaft UNT, der auch die VW-Abeiter angeschlossen sind - die Hauptstraßen Mexiko Citys für einige Stunden blockiert und einen nationalen Streik gefordert.

Zur 1,5 Millionen Mitglieder starken UNT gehört auch der wesentlich ältere Verband Autonomer Gewerkschaften (FAT). Dieser ist unabhängig vom korrupten und korporatistischen Gewerkschaftsdachverband CMT, der mit der lange herrschenden Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) verbunden ist. Der FAT arbeitet mit der Elektrizitätsarbeitergewerkschaft (UE) in den USA und der amerikanischen AFL-CIO-Bürokratie zusammen, die sich seit langem darum sorgen, dass eine Bewegung mexikanischer Arbeiter gegen die CTM nicht nach links ausschlägt, die Interessen der amerikanischen Multinationalen Konzerne in Mexiko bedroht und eine ähnliche Entwicklung in den USA auslöst.

Die Führer der Gewerkschaft bei Volkswagen und der UNT hatten Präsident Fox aufgefordert, in den Streik zu intervenieren. In der Vergangenheit hatten die PRI und die mit ihr verbundenen Gewerkschaften in der Regel Streiks mittels korporatistischer Abkommen schnell beendet. Diesmal weigerte sich Fox - ein früherer Coca-Cola-Manager und Führer der rechten, marktliberalen Nationalen Aktionspartei (PAN) - jedoch einzugreifen und ermöglichte es so dem VW-Konzern, gegen die Lohnforderungen der Arbeiter durchzuhalten. Die Gewerkschaftsführer reagierten, indem sie die Forderungen immer weiter nach unten schraubten und schließlich weitgehend zu den Bedingungen der Geschäftsführung abschlossen.

Als Reaktion auf die VW-Drohung mit einem Stopp der Investitionen machte die Regierung von Puebla weitere Zugeständnisse an den Konzern. Der Gouverneur von Puebla, Melquiades Morales, bestätigte, dass er sich mit Vorstandsmitgliedern des Konzerns getroffen hatte, um verbesserte Geschäftsbedingungen zu versprechen. Laut Morales versicherten ihm die VW-Vertreter, dass sie weiter investieren würden, obwohl sie nicht den Erhalt aller gegenwärtig bestehenden Arbeitsplätze garantieren könnten.

VW nutzt in Puebla wie auch im brasilianischen Werk Sao Paulo die sogenannte Haufentechnologie - mehrere Teilelieferanten werden um eine Montagefabrik gruppiert -, um die Produktivität zu steigern. In Sao Paolo haben die Arbeiter letzten Monat mit Warnstreiks auf die Beschleunigung des Arbeitstempos reagiert. Sie fordern Produktivitätszulagen. Das Werk in Puebla, das drittgrößte VW-Werk weltweit, hat die Produktion seit Anfang der neunziger Jahre verdoppelt, obwohl die Zahl der Beschäftigten von 20.000 auf 12.400 fiel. Unter Mithilfe der Gewerkschaftsbürokratie ist der Anteil der Lohnkosten am Auto von 10 Prozent 1996 auf 3,7 Prozent im vergangenen Jahr gefallen.

Siehe auch:
VW-Tarifmodell "5000 mal 5000" - IG Metall organisiert Einstieg in Niedriglohnsektor
(6. September 2001)
VW-Arbeiter in Mexiko lehnen Tarifabkommen ab und streiken weiter
( 4. September 2001)