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Kapitalismus im Weltraum

Unternehmen erhebt Besitzanspruch auf Asteroiden

Von Luciano Fernandez
13. November 2001
aus dem Englischen (8. Dezember 1998)

In einer Welt, in der der Kapitalismus das soziale Leben dominiert und das Recht auf Kauf und Besitz von Privateigentum als gegeben angesehen wird, nimmt die Tendenz, mehr und mehr Reichtum anzusammeln, bizarre Formen an.

Jim Benson, einer der Gründer der Firma Space Dev, gab kürzlich bekannt, dass er die Absicht habe, der US-Raumfahrtbehörde NASA 79 Millionen US-Dollar zukommen zu lassen, damit diese einen Satelliten baut und startet, der im Jahr 2002 einen Asteroiden namens 4660 Nerus trifft. Space Dev plant nun Besitzansprüche an diesem Asteroiden zu erheben, was Benson zum ersten Privatbürger machen dürfte, der einen Himmelskörper besitzt.

Der Asteroid wird sich der Erde bis auf sechs Millionen Kilometer annähern. Space Dev's Near-Earth-Asteroid-Prospector-(NEAP)-Sonde soll sechs Mal den Mond umkreisen und anschließend dessen Orbit verlassen, um an den Asteroiden zu treffen. Dieselben NASA-Forscher und -Ingenieure, die schon die Raumsonde für die Mars-Pathfinder-Mission entwickelt haben, sollen nun auch für den Bau des NEAP verpflichtet werden.

In einem Interview hat Benson frei von der Leber weg die Gründe für sein Vorhaben erklärt: "Diese Mission könnte einen Präzedenzfall für die Rechte an privatem Eigentum im Weltraum schaffen. Wir wenden uns einem kleinen planetaren Körper zu, ohne Unterstützung durch die Öffentlichkeit, auf eigenes Risiko und eigene Kosten. Wenn wir da sind, landen wir darauf und er gehört uns."

Auf den ersten Blick handelt es sich hier um einen sehr reichen Mann mit einem Hang zum Größenwahn. Seine Verrücktheit hat aber Methode. Benson hofft ungefähr 24 Millionen Dollar aus der Mission herauszuholen, indem er von jedem, der an Bord seiner Sonde Experimente durchführen will, Gebühren erhebt. Die NASA sowie auch die Weltraumbehörden Kanadas und Brasiliens haben bereits ihr Interesse signalisiert.

In der Raumforschung findet gegenwärtig ein Wandel statt. In der Vergangenheit konnten es sich private Unternehmen einfach nicht leisten, die riesigen Beträge auszugeben, die für die Entwicklung notwendig sind, ohne dass sie kurzfristig Profit abwerfen. Regierungen leisteten die Forschung, planten die Missionen und starteten die Satelliten und Raumschiffe. Auch wenn es dabei oft um wichtige wissenschaftliche Ziele ging, standen doch immer militärische und nationale Interessen in Vordergrund. In jüngerer Zeit wurde aber das Profitmotiv immer wichtiger. Telekommunikationsfirmen schickten ihre Satelliten in den Orbit und es entstanden immer mehr Privatunternehmen, die sich aus unterschiedlichen Gründen um die Nutzung der Raumfahrttechnologie bemühen.

Mit Blick auf die Zukunft versucht sich Benson als einen der ersten Weltraumunternehmer in Szene zu setzen - er bietet maßgeschneiderte Raummissionen zu Billigpreisen an. Space Dev beschreibt sich selber als "innovative Aktiengesellschaft mit der Absicht, profitable Raumerkundungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu entwickeln und zu nutzen, beginnend mit einer historischen wissenschaftlichen Erkundungsmission zu einem anderen Himmelskörper."

Es wird angeboten: "Missionen, Raumschiffe und Trägersysteme zu entwerfen, Satelliten und Raumschiffuntersysteme zu produzieren, Raumkapseln und Satelliten zusammenzubauen, Trägersysteme herzustellen, Dienstleistungen für den Start zu koordinieren, private und öffentliche Missionen in eigener Regie oder für Kunden durchzuführen, Bodenstationen zur Verfügung zu stellen und Missionsleitungen durchzuführen."

Die Mission zum 4660 Nerus hat also ein weitergehendes Ziel als die Inbesitznahme eines Felsbrockens. Space Dev sucht sich in einer Zeit eine Nische aus, in der Kapitalgesellschaften überall versuchen, ihre Konkurrenz auszuschalten, ob es sich nun um die Ausbeutung von Ölreserven in Zentralasien oder Bergbauerkundungen in Afrika handelt. Die Firma prahlt damit, dass ihre NEAP die erste Privatmission sein wird, die den Erdorbit verlässt; das erste private Raumfahrzeug, das einen anderen Himmelskörper besucht, um bezahlte Fracht darauf abzuladen; die erste Mission, die Wissenschaftlern und Forschern zu festen kommerziellen Preisen und mit vollem Versicherungsschutz Zugriff zum Weltraum gewährt; und last but not least, die erste Mission, die einen Präzedenzfall für Privateigentum im Weltraum schafft.

Die NASA hat ihrerseits grünes Licht für den Neuaufsteiger Space Dev gegeben. Die Firma hat erst kürzlich Ex-Angestellte der NASA angeheuert, und der NASA-Administrator Daniel Goldin organisierte die Mitarbeit erfahrener Mitarbeiter am NEAP-Projekt. Da die Regierung ständig die Mittel kürzt, hält die NASA-Leitung zweifellos nach anderen Geldquellen Ausschau.

So wie der private Profit in die Raumfahrt eindringt, werden breite wissenschaftliche Bedürfnisse unvermeidlich den profaneren und kurzfristigeren Bedürfnissen der Firmen und der Deckung ihrer Auslagen geopfert. Mehr noch, wenn ein Individuum einen Asteroiden "besitzen" kann, warum dann nicht auch Besitzungen auf Mond oder Mars? Wenn einmal bessere und billigere Formen des Transports im Weltraum entwickelt sind, könnten Bergbau und andere Aktivitäten auf dem Mond profitabel werden und sämtliche Rivalitäten und Konflikte, die die Menschheit auf der Erde heimsuchen, auch in den Weltraum verlegt werden.

Bensons Idee mag exzentrisch erscheinen, jedoch steckt darin eine Logik - die perverse Logik des kapitalistischen Markts.