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Die Gefahr von Handelskrieg

Von Peter Symonds
1. April 2010
aus dem Englischen (31. März 2010)

In Washington nehmen Forderungen nach Handelskriegsmaßnahmen gegen China zu. Am 15 April wird das Finanzministerium dem Kongress seinen halbjährigen Bericht zu Währungsfragen vorlegen. Die Schlüsselfrage ist, ob China offiziell zu einem "Währungsmanipulator" erklärt und dadurch der Weg für amerikanische Gegenmaßnahmen frei gemacht wird.

Bei einer Anhörung des Haushaltsauschusses des Repräsentantenhauses in der vergangenen Woche behauptete der Wirtschaftsexperte Fred Bergsten, dass der chinesische Yuan gegenüber dem amerikanischen Dollar um 40 Prozent unterbewertet sei. Das bedeute große Arbeitsplatzverluste und ein hohes Handelsbilanzdefizit für die USA. Er forderte die Obama-Regierung auf, China als Währungsmanipulator zu brandmarken. Das wäre der erste Schritt, um Beijing mit Unterstützung anderer Mächte mittels des Internationalen Währungsfonds und der Welthandelsorganisation zur Aufwertung seiner Währung zu zwingen.

Bergstens agitierte Ausdrucksweise ist selbst ein Symptom für die zunehmenden Handelsspannungen. So wie Länder immer im Namen des "Friedens" in den Krieg ziehen, so bezeichnete Bergsten amerikanische Handelsstrafmaßnahmen gegen China als "anti-protektionistisch", d.h. als Reaktion auf Chinas "offensichtlich protektionistische Unterbewertung des Yuan". Bergstens "multilateraler" Ansatz zielt darauf ab, besonders die Rückendeckung der Europäer zu gewinnen, um "maximale Wirkung" zu erzielen, und Beijings Möglichkeit zu minimieren, gegen Washington zurückzuschlagen.

Europa steckt jedoch selbst in einer Währungskrise. Konflikte zwischen den europäischen Regierungen über ein Hilfspaket für das hoch verschuldete Griechenland haben Bruchlinien offengelegt und die Zukunft der gemeinsamen Währung selbst in Frage gestellt. Der resultierende Wertverlust des Euro hilft der Exportindustrie und macht europäische Unterstützung für die amerikanische Initiative gegen China unwahrscheinlicher. EU-Handelskommissar Karel De Gucht sagte der Financial Times : "Im Moment ist das in Europa eigentlich kein politisches Thema."

Amerikanische Forderungen, Schritte gegen China zu ergreifen, würde Länder wie Japan und Australien in eine wenig beneidenswerte Lage bringen. Viele asiatisch-pazifische Länder mit langjährigen strategischen Bindungen an die USA sind stark auf Exporte nach China angewiesen, um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Unterstützung für Washingtons Forderung nach einer Aufwertung des Yuan birgt das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen Chinas. Aber andernfalls droht ein Bruch mit den USA.

Das protektionistische Gezeter in Washington lässt jedenfalls nicht nach. Bei einer Arbeitslosenrate von fast zehn Prozent befinden sich die Demokraten und die Gewerkschaften auf der verzweifelten Suche nach einem Sündenbock, um die Aufmerksamkeit von ihrer eigenen Verantwortung für jahrzehntelange systematische Arbeitsplatzvernichtung abzulenken. Das gewerkschaftliche Economic Policy Institute gab vergangene Woche einen Bericht heraus, in dem behauptet wird, dass seit 2001 2,4 Millionen Arbeitsplätze nach China abgewandert seien. Sein Autor Robert Scott forderte vom Kongress, in einem Rundumschlag auf alle chinesischen Importe einen Zoll von 25 Prozent zu erheben, wenn Beijing seine Wechselkurspolitik nicht ändern sollte.

2005 hatte China amerikanischen Drohungen nachgegeben und den Yuan gegenüber dem Dollar freigegeben, band ihn aber 2008 wieder an den Dollar, als die globale Finanzkrise ausbrach. Wegen eigener wirtschaftlicher und sozialer Probleme werde es den Yuan nicht aufwerten, erklärte Beijing wiederholt. Chinas Vizehandelsminister Zhong Shan warnte letzte Woche in den USA davor, aus Chinas Handelsüberschuss zu schließen, dass es den Wechselkurs manipuliere. Er sagte: "Die chinesische Regierung wird ausländischem Druck nicht nachgeben."

Die chinesische Exportwirtschaft wurde von dem globalen Zusammenbruch stark getroffen. Mindestens zwanzig Millionen Arbeitsplätze gingen verloren und die sozialen Spannungen nahmen zu. Eine Aufwertung des Yuan würde höchstwahrscheinlich zu einer neuen Welle von Bankrotten und Arbeitsplatzverlusten in China führen. In einem Artikel im australischen Sydney Morning Herald wandte sich Professor Fan Gang von der Universität Beijing scharf gegen die jüngsten Schuldzuweisungen aus Washington an die Adresse Chinas. Er wies darauf hin, dass ein aufgewerteter Yuan nur zu höheren Preisen und Zinsen in den USA führen würde. Auch würden in den USA nicht mehr Arbeitsplätze entstehen, sondern die Produktion würde in Länder mit noch billigeren Arbeitskräften wie Indien und Vietnam verlagert.

Die Wechselkurse sind Teil tiefergehender Spannungen zwischen den USA und China. Seit Anfang des Jahres nimmt die Obama-Regierung eine deutlich aggressivere Haltung ein, die ihren Ausdruck in Waffenverkäufen an Taiwan und dem Treffen Obamas mit dem Dalai Lama im vergangenen Monat fand. Die USA haben schon Zölle gegen chinesische Reifen und Stahlrohre verhängt. Washington übt Druck auf China aus, im UN-Sicherheitsrat härtere Sanktionen gegen den Iran zu unterstützen, der ein wichtiger Energielieferant Beijings ist. Außerdem kritisieren die USA China wegen ihrer Zensur des Internets. Die US-Firma Google hat deswegen ihre Aktivitäten in China eingeschränkt.

Einige Kommentatoren sagen, dass China selbstbewusster werde. In der Financial Times schrieb der Analyst der Eurasien Gruppe, Ian Bremmer, letztes Wochenende, dass die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit Chinas und der USA "einen neuen Konflikt heraufbeschwört, der noch gefährlicher werden könnte, als der Kalte Krieg." Er erklärte, dass "Die Ambitionen Chinas, seinen Einfluss in Asien auszudehnen und an weit entfernten Plätzen Geschäfte zu machen, seinen militärischen Plänen neue Dynamik verleihen... Eine weitere Verschiebung der Kräfteverhältnisse wird chinesische Falken sicher ermutigen, dem Druck der USA in Nordkorea, Burma und dem Sudan größeren Widerstand entgegenzusetzen."

Andererseits erklärte der Asiendirektor von Morgan Stanley, Stephen Roach, in der Financial Times vom Montag, dass China für die wirtschaftlichen Probleme der USA nicht verantwortlich sei. Er warnte: "China zum Sündenbock zu machen, würde die Welt an den Rand einer sehr abschüssigen Bahn bringen. Es wäre nicht das erste Mal, dass politische Fehler auf einer schlechten Wirtschaftspolitik beruhen. Aber die Folgen eines solchen Versagens - Handelskonflikte und Protektionismus - würden die Krise con 2008-2009 wie Kinderkram aussehen lassen."

Die globale Wirtschaftskrise hat den Niedergang der ökonomischen Dominanz der USA und Chinas wirtschaftlichen Aufstieg nur unterstrichen. Beijings Bedarf an Rohstoffen und Märkten bringt es in Konflikt mit den älteren etablierten Mächten. Die Parallelen zu den 1930er Jahren und die wachsende Kriegsgefahr sind nicht zu übersehen.

In seiner Aussage vor dem Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses unterstützte der Historiker Niall Ferguson die Einstufung Chinas als "Wechselkursmanipulator", warnte aber vor überzogenen einseitigen Gegenmaßnahmen. "Eine der wichtigen Lehren aus der Großen Depression war, dass protektionistische Maßnahmen und konkurrierende Abwertungen die Lage der globalen Wirtschaft Anfang der 1930er Jahre eher verschlechtert haben. Eine zweite historische Lehre ist, dass Konflikte um Wechselkurse und Handel oft das Vorspiel für Konflikte ganz anderer Art sind", warnte er.

Das Abgleiten in Handelskrieg und Wechselkurskonflikte, Militarismus, neokoloniale Kriege und große globale Zusammenstöße sind das unvermeidliche Ergebnis grundlegender, unlösbarer Gegensätze des veralteten kapitalistischen Systems - des Gegensatzes zwischen der globalen Wirtschaft und der Aufspaltung der Welt in Nationalstaaten. Die einzige Alternative ist die sozialistische Umgestaltung der Welt durch die internationale Arbeiterklasse. Dann können die ungeheuren Reichtümer der Welt für die Lösung der drängenden Probleme der Menschheit eingesetzt werden, statt zur Befriedigung des Profithungers einer winzigen reichen Minderheit.

Siehe auch:
China und Asien schaffen einen Freihandelsblock
(13. Januar 2010)