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Die Arbeitslosenrate in den USA erreicht ein 14-Jahres-Hoch

Von Patrick O'Connor
21. November 2008
aus dem Englischen (8. November 2008)

Die gestern vom US-Arbeitsministerium veröffentlichten Zahlen zeigen, dass im letzten Monat die Arbeitslosigkeit von 6,1 auf 6,5 Prozent anstieg. Diese hohe monatliche Zuwachsrate von 0,4 Prozent wurde letztmalig 1994 registriert. Die Zahl der offiziell Arbeitslosen stieg somit um 603.000 und erreichte mit insgesamt 10,1 Millionen den höchsten Stand seit 1983.

Insgesamt wurden 240.000 Arbeitsplätze im letzten Monat abgebaut - bedeutend mehr als erwartet. Diese Zahlen weisen ein weiteres Mal auf einen massiven und anhaltenden Abschwung hin. "Wir gehen in eine tiefe Rezession", äußerte der Chefökonom von IHS Global Insight, Nariman Behravesh, gegenüber Bloomberg News. "Verbannen Sie das Wort mild aus Ihrem Wortschatz. Sie ist groß, sie ist schlimm, und sie ist weit verbreitet."

Das Arbeitsministerium korrigierte seine für September 2008 prognostizierten Zahlen zum Arbeitsplatzabbau von 159.000 auf 284.000. In der Zeit von Januar bis Oktober 2008 verloren 1,2 Millionen Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Allein die Hälfte von ihnen wurde in den vergangenen drei Monaten entlassen. Ökonomen schätzen, dass jeden Monat 100.000 Arbeitsplätze entstehen müssten, um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten.

Arbeitsplätze gingen in verschiedenen Branchen verloren:

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In der Industrie wurden im Oktober 90.000 Arbeitsplätze zerstört. Darunter fallen 11.000 gestrichene Jobs allein in der metallverarbeitenden Industrie, 10.000 verlorene Arbeitsplätze in der Möbelproduktion sowie 9.000 in der Kraftfahrzeugindustrie.

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In der Baubranche verloren 49.000 ihre Jobs. Das Arbeitsministerium merkte an, dass der Beschäftigungsstand hier vom Höchststand im September 2006 um insgesamt 663.000 gesunken ist.

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Im Bereich der Arbeitsvermittlung und Zeitarbeit wurden 51.000 Arbeitsplätze abgebaut.

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Im Einzelhandel wurden 38.000 Stellen gestrichen (20.000 bei den Autohändlern und 18.000 in den Warenhäusern).

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Die Beschäftigung im Finanzsektor sank um 24.000, das sind 200.000 weniger als zur Spitzenzeit im Dezember 2006.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, also jener, die mindestens 27 Wochen arbeitslos sind, wuchs im vergangenen Monat um 250.000 auf insgesamt 2,3 Millionen. Damit sind von allen offiziell registrierten Arbeitslosen 22 Prozent langzeitarbeitslos - so viele, wie zuletzt vor 25 Jahren.

"Ein flüchtiger Blick auf die Dauer der Arbeitslosigkeit zeigt, dass Arbeitslose es sehr viel schwerer haben, eine ihrer Qualifikation entsprechende Stelle zu finden.", merkte Joseph Brusuelas von Merk Investments an. "Die Zahlen deuten darauf hin, dass vor allem die Industrie-, die Immobilien- und die Finanzbranche eine strukturelle Arbeitslosigkeit erleben könnten, wie man sie seit dem Niedergang der Stahl- und Kohlenindustrie vor über drei Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte.

Die wachsende Arbeitslosigkeit hat verheerende soziale Auswirkungen. Nur 32 Prozent der offiziell Arbeitslosen bezieht überhaupt staatliche Leistungen, da der Anspruch auf staatliche Unterstützung einem restriktiven Prüfungsverfahren unterworfen wird, schreibt die New York Times.

Hinzu kommt, dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit bei weit mehr als den offiziellen 6,5 Prozent liegt. Im Monatsbericht des Arbeitsministeriums wird eingeräumt, dass die Zahl "ungewollter Teilzeitarbeiter" - das heißt derer, die keine Vollzeitstelle finden oder die plötzlich auf Kurzarbeit gesetzt wurden - im Oktober um 645.000 auf 6,7 Millionen stieg.

Auch Arbeitssuchende, die in die Kategorie "marginally attached to the workforce" fallen, sind in der Statistik nicht erfasst. Diese Kategorie umfasst all jene, die vorübergehend an Weiterbildungen teilnehmen, in Mini-Jobs arbeiten oder aus familiären Gründen nicht kurzfristig für den Arbeitsmarkt verfügbar sind. Insgesamt versteckte das Arbeitsministerium im Oktober 1,6 Millionen Arbeitslose in dieser Kategorie. Von diesen gelten 484.000 als "entmutigte" Arbeitslose, also jene, die nicht mehr aktiv nach einem Job suchen.

Werden die "ungewollten Teilzeitarbeiter" und die 1,6 Millionen "marginally attached workers" zur Statistik hinzugezählt, liegt die Arbeitslosenrate bei 11,8 Prozent, gegenüber 11 Prozent im September und 8,4 Prozent zwölf Monate zuvor.

Im Wall Street Journal kommentierten Sudeep Reddy und Justin Lahart die Daten des Arbeitsministeriums: "Einer der sehr beunruhigenden Aspekte des Berichts ist die Erkenntnis, dass der Arbeitsmarkt schon erheblich einbrach, bevor der Tiefpunkt der Kreditkrise überhaupt erreicht war ... Wenn die Lage schon vor dem Oktober so schlecht war," heißt es weiter, so wird sie "wahrscheinlich in den kommenden Monaten noch weitaus schlimmer sein, wenn die Unternehmen sich nämlich den neuen Rahmenbedingungen der Kreditmärkte anpassen und die Zurückhaltung der Konsumenten zusätzlichen Druck auf die Immobilien- und Kreditmärkte ausübt."

Nachdem die Arbeitslosenstatistik veröffentlicht war, korrigierten die Wirtschaftswissenschaftler von Goldman Sachs ihre Prognosen zur Entwicklung des Bruttoinlandprodukts (BIP) und der Arbeitslosigkeit. Das Unternehmen prognostiziert nun ein Schrumpfen des BIP im vierten Quartal 2008 um 3,5 Prozent und im ersten Quartal 2009 um 2 Prozent sowie ein Anwachsen der Arbeitslosenrate bis Ende 2009 auf 8,5 Prozent. Das Eintreffen dieser Voraussagen würde den schärfsten BIP-Rückgang innerhalb von 6 Monaten seit 1981-1982 bedeuten.

Die Autoindustrie - einst ein Symbol der Weltherrschaft des US-Kapitalismus - ist durch die zunehmende Rezession an den Rand des Zusammenbruchs geraten.

General Motors gab gestern bekannt, dass sich seine Liquiditätsreserven "dem Minimum dessen nähern, der notwendig ist", um für den Rest des Jahres handlungsfähig zu bleiben. Die Liquidität, so schätzt General Motors, werde bis Juli 2009 "auffallend schnell" unter den Mindestbedarf fallen, wenn nicht eine deutliche Wende am Automarkt eintrete oder das Unternehmen beträchtliche Kapitalspritzen erhalte.

Um erhebliche Finanzmittel von der Regierung zu erbitten, trafen sich diese Woche Führungskräfte von General Motors, Ford und Chrysler mit dem Fraktionsvorsitzenden der Demokraten, Harry Reid, und der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sowie weiteren Kongressmitgliedern. General Motors gab die Aussetzung der Fusionsgespräche mit Chrysler bekannt, um sich ganz auf die Gespräche zur Erlangung öffentlicher Gelder in Milliardenhöhe zu konzentrieren. Ohne diese Unterstützung müsse man wahrscheinlich mit einem Bankrott des Unternehmens rechnen.

GM wies für das dritte Quartal 2008 Betriebsverluste in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar aus. In nur drei Monaten sank seine Barliquidität von 21 Milliarden auf 16,2 Milliarden Dollar. Der einstige Industriegigant verlor seit Ende 2004 fast 73 Milliarden Dollar. GM reagierte darauf mit umfangreichem Stellenabbau, Lohnkürzungen und Einschnitten bei Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen. Gestern gab das Unternehmen bekannt, die Ausgaben für die Stammbelegschaft um 30 Prozent - statt der früher angekündigten 20 Prozent - kürzen zu wollen.

Auch Ford, zweitgrößter Autohersteller in den USA, veröffentlichte gestern seine Quartalszahlen. Sein ausgewiesener Betriebsverlust von 2,98 Milliarden Dollar erhöht Ford ’s Gesamtverlust seit 2005 auf 24 Milliarden Dollar. Im Laufe der vergangenen drei Monate verbrauchte das Unternehmen 7,7 Milliarden Dollar Barmittel.

Im verzweifelten Kampf um Solvenz fährt Ford, ebenso wie seine Konkurrenten GM und Chrysler, die Produktion zurück und baut Stellen ab. Das Unternehmen senkte innerhalb der letzten drei Monate seine Produktion in Nordamerika um 34 Prozent und plant für das letzte Quartal 2008 eine weitere Senkung um 33 Prozent. Dieser Einschnitt entspricht einem Produktionswert von 211.000 Fahrzeugen.

Ford gab auch bekannt, die Personalkosten der Stammbelegschaft zusätzlich zu den in diesem Jahr bereits durchgesetzten 15 Prozent um weitere zehn Prozent kürzen zu wollen. Außerdem sollen im nächsten Jahr zusätzliche Vergütungen für die Stammbelegschaft wegfallen.

Diese Maßnahmen sind nur ein Vorgeschmack dessen, was auf den Zusammenbruch oder die Fusion von einigen der "Großen Drei" Fahrzeughersteller folgen wird.