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Demokraten und Obama bereiten den Weg für Reaktion und Krieg

Von Bill Van Auken
23. August 2008
aus dem Englischen (22. August 2008)

Nächste Woche wird die National Convention der Demokraten in Denver, Colorado, beginnen. Es ist der Parteitag, auf dem Senator Barack Obama formell zum Präsidentschaftskandidaten bestimmt werden soll. Die Partei und der Kandidat haben klar gemacht, dass sie zur Politik von Aggressionskriegen und sozialer Reaktion, die in den letzten Jahren das Leben Amerikas bestimmte, keine wirkliche Alternative vorlegen werden.

Obama hatte die Vorwahlen der Demokraten mit einem sehr allgemein gehaltenen Versprechen von Veränderung und mit dem unaufrichtigen Versuch gewonnen, sich als Anti-Kriegs-Kandidaten zu präsentieren. In den letzten Monaten hat er polizeistaatlichen Überwachungsmaßnahmen zugestimmt, den Militarismus auf den Schild gehoben und der Wall Street versichert, dass ihre Profite nicht angetastet werden, gleichgültig, wie hart Millionen von Arbeitern von der Krise betroffen sind.

Der Demokratische Parteitag selbst - ein sorgfältig inszeniertes und von der Wirtschaft finanziertes Mediengroßereignis - soll zum Höhepunkt der Rechtswendung von Obamas Wahlkampf werden.

Der Parteitag wird unter dem Slogan "Amerikas Zukunft sichern" einen ganzen Tag der "nationalen Sicherheit" widmen. Der Partei zufolge soll dieser Teil der Tagung Obamas "harte Außenpolitik" ins rechte Licht rücken, "die weder eine Republikanische, noch eine Demokratische ist, sondern eine starke, kluge amerikanische Außenpolitik, die unser Land sicherer machen und unsere Interessen in der Welt besser vertreten wird."

Im Verlauf seines Wahlkampfs beteuerte Obama der zionistischen Lobby seine Treue und schloss sich den Drohungen der Bush-Regierung an, gegebenenfalls militärische Schläge gegen den Iran zu führen. Er forderte ein Eingreifen amerikanischer Truppen in Pakistan.

Er machte klar, was der wirkliche Inhalt seiner Forderung nach einem Ende des Irakkriegs bei den Vorwahlen gewesen war. Sein Versprechen, die "Kampftruppen" innerhalb von sechzehn Monaten nach seiner Amtsübernahme abzuziehen, heißt im Klartext, dass eine "Resttruppe" von Zehntausenden Soldaten und Söldnern zurück bleiben, die die koloniale Besatzung fortsetzen sollen.

Außerdem sollen die nach Obamas Plan aus dem Irak abgezogenen Truppen gleich nach Afghanistan geschickt werden, um dort den brutalen Kampf gegen den Widerstand des afghanischen Volkes gegen die ausländische Besetzung zu verstärken.

Zudem tritt er für eine weitere Aufblähung der amerikanischen Kriegsmaschine ein. 100.000 zusätzliche Soldaten und Marines sollen eingestellt und der Militärhaushalt erhöht werden.

Schließlich hat sich Obama in den letzten beiden Wochen voll hinter die aggressive amerikanische Kampagne gegen Russland gestellt. Er lieferte sich mit seinem republikanischen Rivalen, Senator John McCain, einen Wettkampf darin, wer wohl die stärksten kriegslüsternen Drohungen gegen Moskau ausstoßen und die härtere Vergeltung für die Ereignisse in Georgien fordern könne.

Das war eine bewusste Entscheidung. Die Washington Post berichtete Anfang der Woche, dass ein nicht unbedeutender Teil der Demokratischen Partei Obama gedrängt habe, McCain in der Georgien-Frage zu kritisieren und ihn als schießwütigen Militaristen zu denunzieren, der die USA unbedingt in einen neuen Krieg zerren wolle. Obama wies diesen Rat zurück und solidarisierte sich stattdessen mit der aggressiven Kampagne gegen Russland.

Diese letzte Entwicklung ist bedrohlich. Wer sich bisher der Illusion hingegeben haben sollte, man könne mit Obama gegen die aggressive Kriegspolitik der Bush-Regierung vorgehen, sollte noch einmal genau nachdenken.

Die Konfrontation in Georgien und ihre Fortsetzung mit der Unterzeichnung des Abkommens über die Stationierung der amerikanischen Abfangraketen in Polen sind die parteiübergreifende Vorbereitung auf einen potentiellen dritten Weltkrieg, der die Gefahr nuklearer Vernichtung in sich birgt.

Wie bei jeder Wahl seit der Amtsübernahme von Präsident Bush unterstützt die Demokratische Partei die Kriegspolitik und entschärft und unterdrückt systematisch die Opposition in der amerikanischen Bevölkerung gegen den Krieg.

Vor der Halbzeitwahl 2002 stimmten die Demokraten für die Ermächtigung Bushs, den unprovozierten Krieg gegen den Irak zu führen. Damit war die Sache noch vor der Wahl vom Tisch. Ihr feiger Versuch, die Wahl nur mit innenpolitischen Themen zu bestreiten, scheiterte kläglich und bescherte den Republikanern die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses.

2004 wurde die Anti-Kriegsstimmung in den Vorwahlen mittels der Kandidatur von Howard Dean hinter die Demokratische Partei gelockt, mit der Folge, dass die Kandidatur Deans sabotiert und Senator John Kerry nominiert wurde, der für den Krieg gestimmt hatte und versprach, ihn auszuweiten.

Schließlich brachte die überwältigende Feindschaft gegen den Krieg den Demokraten bei den Halbzeitwahlen von 2006 die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Dennoch garantierte die Demokratische Führung die weitere Finanzierung des Kriegs, und die sogenannte "Truppenverstärkung" ging ungehindert vonstatten. Gleichzeitig schlossen die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bush und Cheney, die das amerikanische Volk auf der Grundlage von Lügen in einen kriminellen Krieg gezerrt hatten, kategorisch aus.

Auch in der bevorstehenden Wahl wird die große Mehrheit der Amerikaner, die den Krieg im Irak und den globalen amerikanischen Imperialismus ablehnt, politisch keine Wahl haben.

Das war der zentrale Zweck des Obama-Wahlkampfs vom ersten Tag an. Obama sicherte sich seinen Vorwahlsieg zum großen Teil mit seiner Kritik an der Zustimmung seiner Hauptrivalin Senatorin Hillary Clinton zum Krieg 2002. Aber sein Wahlkampf entsprach zu keinem Zeitpunkt einem Aufstand von unten gegen den Krieg. Seine wiederholte Zustimmung zur Finanzierung des Massakers im Irak lässt die Vermutung zu, dass auch Obama Bush den Blankoscheck für den Krieg ausgestellt hätte, wenn er damals schon Mitglied des Senats gewesen wäre.

Die Wahlkampagne Obamas ist eher das Werk und das Instrument einer Schicht im amerikanischen außenpolitischen Establishment, die die Politik der Bush-Regierung, besonders im Nahen Osten, als den globalen Interessen der USA nicht dienlich ansieht.

Diese Kreise sahen Obamas Kandidatur als ideales Mittel, dem international diskreditierten amerikanischen Imperialismus ein neues Gesicht zu geben und gewisse Veränderungen - allerdings nur taktischer Art - in der amerikanischen Außenpolitik herbeizuführen.

Zu den Personen, die dem Obama-Lager am nächsten stehen, gehören Zbigniew Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater der Carter-Regierung, der eine Schlüsselrolle bei dem von der CIA gelenkten Krieg in Afghanistan gespielt hatte, und Anthony Lake, sein Nachfolger unter Bill Clinton, der eine ähnliche Rolle in Bezug auf die US-Interventionen im ehemaligen Jugoslawien gespielt hat.

Diese Leute sind alles andere als Kriegsgegner: Brzezinski ist einer der schärfsten Kritiker von Russlands Vorgehen in Georgien. Er hat Wladimir Putin mit Hitler und Stalin verglichen. Für sie haben der Irakkrieg und die Besatzung zu einem Debakel geführt, das Washington nur "ablenkte" und so andere, strategisch wichtigere Interventionen anderswo unmöglich macht, wie zum Beispiel im Kaukasus und in Zentralasien, Regionen, die früher zur Sowjetunion gehört haben.

Ein Grund, warum sich Obama nicht von dem Säbelrasseln Bushs und McCains wegen Georgien distanzieren wollte, ist seine Furcht, die Unterstützung von Leuten wie Brzezinski zu verlieren. In der aktuellen Ausgabe des Time -Magazins greift Brzezinski Demokraten an, die McCains anti-russische Agitation kritisiert haben. "Die Präsidentschaftskandidaten Barack Obama (den ich unterstütze) und John McCain sollten Präsident Bushs Opposition gegen Russlands Vorgehen unterstützen und in dieser Frage einen überparteilichen Standpunkt einnehmen. Leider ergehen sich einige Anhänger der Kandidaten in fruchtloser gegenseitiger Kritik an den öffentlichen Erklärungen der jeweils anderen Seite zur Georgien-Krise."

Obamas Plan eines Teilabzugs von US-Truppen aus dem Irak und ihre Verlegung nach Afghanistan ist inzwischen Konsens in den führenden Kreisen des außenpolitischen Establishments der USA. Die Bush-Regierung selbst befindet sich mittlerweile in Verhandlungen mit der irakischen Regierung über einen Rückzugsfahrplan und verkündet ihre Absicht, zusätzlich 15.000 Soldaten nach Afghanistan zu schicken.

Außenpolitisch versprechen Obama und die Demokraten lediglich mehr amerikanische Aggressionskriege. Sie sind gleichzeitig unfähig, ein Programm vorzuschlagen, das der amerikanischen Arbeiterklasse eine Lösung ihrer ökonomischen Probleme mit steigenden Preisen, wachsender Arbeitslosigkeit und andauernden Zwangsräumungen aufzeigt.

Nichts könnte deutlicher machen, dass die Demokratische Partei ein Instrument der Konzerne und Banken ist, die Amerika beherrschen, als die Convention in Denver selbst. Das Ereignis wird mit Dutzenden, wenn nicht Hunderten Millionen Dollars finanziert, die von Sponsoren stammen, die vom Ölkonzern ConocoPhillips über Lockheed, Motorola, die EDS Corporation bis hin zu Coca-Cola reichen.

Die Delegierten bekommen Tragetaschen mit dem Logo des Telekommunikationskonzerns AT&T, einem der Hauptgönner der Veranstaltung. AT&T ist gleichzeitig ein Hauptnutznießer davon, dass Obama im Senat für die rückwirkende Immunität für jene großen Telekommunikationsunternehmen stimmte, die an Bushs massiver Telefonüberwachung im Inland beteiligt waren.

Obama zahlt die Unterstützung der Wall Street für seinen Wahlkampf mit einem Steuerkonzept zurück, das für Multimillionäre und Milliardäre wesentlich günstiger als erwartet ist.

Im Wall Street Journal vom 14. August präsentierten Obamas wichtigste Wirtschaftsberater einen Plan, der vorsieht, die Vermögenssteuer und die Kapitalertragssteuer ab einem Einkommen von 200.000 Dollar von 15 Prozent auf nur 20 Prozent zu erhöhen. Es war erwartet worden, dass der Demokratische Kandidat die Vermögenssteuer fast verdoppeln und die Steuern auf Dividenden auf 40 Prozent erhöhen werde. Die Vermögensteuer wäre dann wieder auf dem Stand der Jahre unter Reagan, Bush und der ersten Clinton-Regierung.

Der Verzicht Obamas und der Demokraten auf eine nennenswerte Erhöhung der Steuern auf das Finanzkapital bedeutet praktisch den Verzicht auf Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensstandards, die Erhöhung der öffentlichen Ausgaben oder Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung. Eine Demokratische Regierung im Jahr 2009 wird die Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse fortsetzen und verschärfen, zumal der amerikanische Imperialismus nach wie vor mit der tiefsten Krise seit der großen Depression der 1930er Jahre konfrontiert ist.

Obama hat wiederholt klar gemacht, dass seine Innenpolitik in erster Linie auf eine "verantwortungsvolle Haushaltspolitik" ausgerichtet sein wird. In einer Situation, in der das Haushaltsdefizit nächstes Jahr nahe 500 Mrd. Dollar liegen wird und weiter riesige Aufwendungen für das Militär abzusehen sind, kann das nur weitere Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung bedeuten.

Was die Frage der demokratischen Rechte angeht, so zeigt Obamas Stimme im vergangenen Monat für das Gesetz zum hemmungslosen Abhören und zur elektronischen Überwachung der Bevölkerung, dass unter ihm die Aufrüstung des Staatsapparats weitergehen würde wie unter der Bush-Regierung.

Auffällig sind auch die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen im Umfeld des Demokratischen Parteitags. Im Nordosten Denvers wurden Lagerhäuser angemietet, um Massen von Demonstranten einsperren zu können. Die Lagerhäuser sind mit Dutzenden Drahtkäfigen ausgestattet worden, deren oberes Ende mit NATO-Draht gesichert ist. Nichts könnte klarer die Haltung der Demokratischen Partei zu demokratischen Grundrechten demonstrieren.

Es wird eigentlich gar nicht mit großen Demonstrationen in Denver gerechnet. Die meisten Führungen der wichtigsten Protestorganisationen haben sich hinter Obama gestellt und helfen, Demonstrationen gegen den Krieg in der Vorbereitung auf die Wahl im November gering zu halten.

Dieser Rückgriff auf Polizeistaatsmaßnahmen ist vielmehr Ausdruck der Kluft, die die Demokratische Partei und ihre Interessen von der großen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung trennen. Diese Partei vertritt, nicht weniger als die Republikaner, die in Amerika herrschende Finanzoligarchie. In einer Gesellschaft, die von scharfen Klassenspaltungen und enormer sozialer Ungleichheit geprägt ist, sind Unterdrückung und Furcht für das gesamte Zwei-Parteien-System zur Norm geworden.

Der politische Kurs, den das Obama Lager eingeschlagen hat, und die Vorbereitungen auf das reaktionäre Medienspektakel in Denver unterstreichen, dass der Kampf gegen Krieg, politische Reaktion und die Zerstörung von Lebensstandard und der demokratischen Rechte nur Erfolg haben kann, wenn die Arbeiterklasse unabhängig von der Demokratischen Partei für ein sozialistisches Programm mobilisiert wird.

Siehe auch:
NATO-Konferenz in Brüssel: USA erhöhen Druck auf Russland
(21. August 2008)
EU-Treffen zu Georgien von Spannungen zwischen Europa und USA geprägt
( 16. August 2008)
Bush bei NATO-Gipfel ausgebremst
( 5. April 2008)
Bush verschärft Konfrontation mit Russland
( 13. August 2008)