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Propaganda aus dem Weißen Haus: Bush und Cheney beschimpfen Kriegsgegner

Von Patrick Martin
18. Januar 2007
aus dem Englischen (16. Januar 2007)

Am Sonntag übertrug das nationale amerikanische Fernsehen zwei Interviews mit Präsident Bush und Vizepräsident Cheney: Beide taten die Massenopposition der amerikanischen Bevölkerung gegen ihre Kriegspolitik ab und erklärten, die US-Regierung werde "alles Erforderliche" tun, um im Irak militärisch zu siegen. Sie ließen erkennen, dass der Iran durchaus das nächste Ziel eines amerikanischen Militärangriffs werden könnte.

Bush und Cheney wiederholten ihre Pläne, den Krieg auszuweiten, und vertraten die Ansicht, eine Regierung habe das Recht, sich in der wichtigsten aller politischen Fragen über den ausdrücklichen Willen des Volkes hinwegzusetzen: bei der Entscheidung über einen Krieg, in dem schon Tausende Amerikaner und Hunderttausende Iraker gestorben sind. Das ist das Kennzeichen einer Diktatur, nicht einer Demokratie.

Im Rahmen einer koordinierten PR-Offensive des Weißen Hauses trat Cheney in der morgendlichen Interviewsendung "Fox News Sunday" auf, während Bush am selben Abend in der CBS-Sendung "60 Minutes" Fragen beantwortete.

Beide versuchten, jeder auf etwas andere Art und Weise, die große Mehrheit der Amerikaner einzuschüchtern, die keine Fortsetzung der US-Besetzung im Irak wollen und wünschen, dass alle amerikanischen Soldaten so rasch wie möglich abgezogen werden.

Bush malte die verheerenden Auswirkungen eines "Scheiterns" der USA im Irak aus und erklärte, dies würde "den Feind" - unter dem er "Al-Qaida und die Extremisten" verstand - wie auch den Iran "ermutigen". Er malte Massaker und massenhaftes Leid im ganzen Nahen Osten an die Wand, obwohl es sich dabei in Wirklichkeit um das katastrophale Ergebnis der US-Invasion und ihrer Folgen handelt.

Bush wies auf die enormen wirtschaftlichen und strategischen Interessen hin, die bei der Kontrolle über die ölreiche Region - im Gegensatz zu den Fragen, um die es für die USA bei der Niederlage im Vietnamkrieg gegangen war - auf dem Spiel stehen, und sagte: "Was im Nahen Osten geschieht, ist unmittelbar für die Heimat wichtig. Und das ist der Unterschied zu früheren Engagements."

Cheney warnte in seiner rüpelhaften Art, dass alle, die einen amerikanischen Rückzug aus dem Irak befürworten, "die Strategie unterstützen, die Osama bin Laden vom ersten an Tag verfolgte, dass man nämlich nur genug Amerikaner töten müsse, um sie zum Abzug zu zwingen, und dass wir nicht genug Mumm zum Kampf hätten".

Während Cheney die Gegner von Bushs Kriegspolitik beschuldigte, vor dem Terrorismus zu kapitulieren, tat Bush so, als gebe es in den Vereinigten Staaten ein breites Einverständnis darüber, dass im Irak ein "Erfolg" nötig sei, und behauptete, die Kritiker seiner Pläne zur Ausweitung des Kriegs seien verpflichtet, einen alternativen Plan für einen amerikanischen Sieg vorzulegen.

Die Moderatoren von CBS und Fox stellten zwar die US-Intervention im Irak insgesamt nicht in Frage und behandelten Bush und Cheney mit Hochachtung, stellten dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten aber dennoch eine Reihe unverblümter Fragen. Die Antworten darauf sind es wert, angeführt zu werden.

Scott Pelley bedrängte Bush in der Sendung "60 Minutes" mit Fragen über die Lügen, mit denen der Krieg 2003 vorbereitet worden war. "Viele Amerikaner haben das Gefühl, dass Ihre Regierung mit der Nation nicht offen, nicht ehrlich umging", sagte er. Als Beispiele verwies er auf die Behauptung von Massenvernichtungswaffen und die konstruierte Verbindung zwischen dem Irak und den Anschlägen vom 11. September, wie auch auf die grobe Unterschätzung der Kriegskosten durch die Regierung.

Erst schien Bush verblüfft und stammelte: "Hab schon verstanden, hab schon verstanden..." Dann griff er auf die letzte verzweifelte Rechtfertigung der Regierung für die Vorkriegslügen zurück, die Demokraten und die Clinton-Regierung hätten schließlich dieselbe Meinung über den Irak Saddam Husseins gehabt. "Eine Menge Leute, Republikaner wie Demokraten", sagte er, "hatten den Eindruck, es gebe Massenvernichtungswaffen. Viele Führer im Kongress äußerten sich schon vor meiner Ankunft in Washington, DC, klar über die Tatsache, dass Saddam Hussein Waffen besaß."

Fox-Moderator Chris Wallace befragte Cheney zu dem Umstand, dass die Unterstützung in der Bevölkerung und im Kongress für den Irakkrieg stark abgenommen habe, was besonders bei den Novemberwahlen 2006 zum Ausdruck gekommen sei. Er zitierte Umfragen, die zeigten, dass für 67 Prozent der Wähler der Krieg eine sehr wichtige Frage bei ihrer Stimmabgabe gewesen sei und nur siebzehn Prozent die Entsendung von noch mehr Soldaten unterstützten. Er fragte Cheney: "Ignorieren Sie, Herr Vizepräsident, mit Ihrer aktuellen Politik nicht den ausdrücklichen Willen des amerikanischen Volkes, wie er bei der Novemberwahl offenbar wurde?"

Cheney antwortete: "Ich denke, kein Präsident, der etwas taugt, kann es sich leisten, sich bei Entscheidungen dieser Größenordnung nach Umfragen zu richten. Die Umfragen ändern sich von Tag zu Tag..."

Wallace insistierte: "Dies war eine Wahl, Sir." Cheney wischte diese Tatsache beiseite und wiederholte: "Umfragen ändern sich von Tag zu Tag, Woche für Woche... Man kann nicht einfach den Finger in den Wind strecken und sagen: ‚Mensch, die öffentliche Meinung ist dagegen, wir geben besser auf’."

Im Weiteren erläuterte der Vizepräsident ausführlich seine Einstellung, die jede demokratische Rechenschaftspflicht der US-Regierung gegenüber dem amerikanischen Volk rundheraus ablehnt. Es sei im Gegenteil die Pflicht der Regierung, erklärte er, stärker als das Volk zu sein, und sicherzustellen, dass der Wille des Präsidenten (des "Entscheidungsträgers") sich gegen den Willen der Bevölkerung behauptet.

"Das gehört doch gerade zu jener grundlegenden Strategie, von der unsere Gegner glauben, sie plage die Vereinigten Staaten", sagte Cheney. "Sie sind überzeugt, die augenblickliche Debatte im Kongress, die Wahlkampagne vom vergangenen Herbst, all dies beweise, dass sie Recht hätten, wenn sie sagen, die Vereinigten Staaten hätten nicht den Mumm, diesen langen Krieg gegen den Terror durchzustehen.

Davon sind sie überzeugt. Sie haben frühere Beweise dafür vor Augen: im Libanon 1983 und in Somalia 1993 und noch davor in Vietnam. Sie sind überzeugt, dass die Vereinigten Staaten tatsächlich einpacken und nach Hause gehen, wenn sie nur genügend unserer Leute töten. Sie können uns nicht im direkten Kampf schlagen, aber sie glauben, sie können unseren Willen brechen. Und wenn wir einen Präsidenten haben, der auf die Umfragen achtet und sieht, dass die Umfragen nach unten gehen, und der darauf reagiert und sagt: ‚Oh, mein Gott, wir müssen aufgeben’, dann wird das nur Al-Qaidas Weltanschauung bekräftigen.

Genau das sollte man nicht tun. Dieser Präsident stützt sich bei seiner Politik nicht auf öffentliche Meinungsumfragen, er sollte das auch nicht. Es ist absolut notwendig, dass wir das hier richtig verstehen."

Diese zwei Interviews bieten ein ungewöhnlich scharfes Bild des politischen Lebens in Amerika. Die Bush-Cheney-Regierung verfolgt im Nahen Osten ihre Politik einer stetig wachsenden Militäraggression unabhängig von der Tatsache, dass die Öffentlichkeit den Krieg zutiefst verabscheut.

Das Weiße Haus geht davon aus, dass es die öffentliche Stimmung ohne weiteres ignorieren kann, denn es hat seine Kritiker im Kongress seit langem einzuschätzen gelernt und weiß, dass die demokratische Führung keine ernsthaften Versuche unternimmt, den Krieg zu beenden.

Sowohl Cheney als auch Bush äußerten sich freimütig über mögliche Schritte des Kongresses, die Kriegsfinanzen zu sperren. Bush schien zuzugeben, dass der Kongress die verfassungsmäßige Macht hat, Kriegsgelder zu sperren, aber er erklärte: "Ich werde natürlich dagegen kämpfen, ... ich werde mich dagegen wehren. Es würde bedeuten, dass sie nicht bereit sind, einen Plan zu unterstützen, der, wie ich glaube, funktionieren und die Situation retten wird. Es gibt Leute, die diesen Plan kritisieren, ehe er überhaupt greifen konnte."

Cheney war auch hier wieder auf Konfrontation aus und erklärte verächtlich, die Resolution über die Meinung des Kongresses, eingebracht von der Demokratischen Führung, sei eine bedeutungslose verbale Übung. Er behauptete, Bush habe die Befugnis, unabhängig von der Meinung des Kongresses zusätzliche Truppen in den Irak zu schicken. "Der Präsident ist der Oberbefehlshaber", sagte Cheney. "Er ist derjenige, der diese schwierigen Entscheidungen treffen muss. Er ist der Mann, der entscheiden muss, wie die Gewalt angewandt wird und wo sie eingesetzt wird."

Cheney gab zwar widerwillig zu, dass der Kongress die Befugnis habe, über die Militärausgaben zu entscheiden, stimmte seinem Interviewer aber zu, als dieser meinte, eine solche Abstimmung gegen die Kriegsfinanzierung würde bedeuten, den Truppen in den Rücken zu fallen.

In einem weiteren Fernsehinterview vom Sonntag in der Sendung "Face the Nation" auf CBS sagte der Republikanische Senator John McCain, die Demokraten blufften nur, eine nicht bindende Resolution sei bedeutungslos. Er forderte sie auf, den Geldhahn abzudrehen, wenn sie den Krieg wirklich beenden wollten.

Nancy Pelosi, die neue Sprecherin des Repräsentantenhauses, und Harry Reid, der Mehrheitsführer im Senat, haben jede derartige Absicht vehement bestritten und die Behauptung der Bush-Regierung akzeptiert und sogar begrüßt, dass ein solcher Beschluss einem Angriff auf die jetzt im Irak kämpfenden einfachen Soldaten gleichkäme. Das ist ein zynischer und eigennütziger Versuch, der massiven Antikriegsstimmung jede Legitimität abzusprechen und sie zu unterdrücken. Gleichzeitig wollen die Demokraten sich für den Fall einer späteren demagogischen Kampagne der Republikaner rüsten, wenn es um die Frage gehen wird, "Wer hat den Irak verloren?".

Weder das Weiße Haus noch die Demokraten machen sich die Mühe zu erklären, warum es eine "Unterstützung" der Truppe bedeutet, wenn Soldaten in den Tod durch Bomben und Heckenschützen geschickt werden, während es einem Dolchstoß gleichkäme, würde der Kongress sein verfassungsmäßiges Recht wahrnehmen, das Geld sperren und die Regierung zwingen, die Soldaten sicher zu ihren Familien nach Hause zurückzubringen.

Natürlich verschwendet kein Flügel der herrschenden amerikanischen Elite auch nur einen Gedanken an die unschuldigen Iraker, die mit ihrem Leben für die Fortsetzung und Eskalation des Kriegs bezahlen werden, der bereits zum Tod von schätzungsweise 655.000 Menschen geführt hat.

Die von der Bush-Regierung beschlossene Eskalierung bedroht nicht nur die leidgeprüfte irakische Bevölkerung, sondern auch die Massen im ganzen Nahen Osten und genauso die demokratischen Grundrechte der amerikanischen Bevölkerung.

In seinem Fernsehinterview skizzierte Cheney eine Zukunft von jahrzehntelangem Krieg und erklärte: "Dies ist ein existentieller Konflikt. Er wird unsere Politik und unsere Regierung noch in den nächsten zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren beschäftigen. Wir müssen uns durchsetzen und wir müssen den Mut haben zu kämpfen, und das auf lange Dauer."

Diese apokalyptische Ausdrucksweise geht weit über ein Aufwärmen der längst widerlegten Behauptung hinaus, die US-Invasion und Besetzung des Iraks sei eine Reaktion auf die Terrorangriffe vom 11. September gewesen. Die wahnwitzige Perspektive, die Cheney hier ausspricht, läuft auf die Rechtfertigung einer unbegrenzten Gewalteskalation im Irak und Afghanistan und auf neue Kriege gegen den Iran, gegen weitere Länder im Nahen Osten und anderswo hinaus.

Sie ist die Grundlage für Angriffe auf die demokratischen Rechte der amerikanischen Bevölkerung - was Cheney im gleichen Interview klar machte, als er auf Enthüllungen von diesem Wochenende über das Ausspionieren amerikanischer Staatsbürger durch das Pentagon reagierte. Dieses jüngste Beispiel für Polizeistaatsmethoden im Inland verteidigte er ausdrücklich.

Das Weiße Haus kann sein Programm von Krieg und Unterdrückung nur deshalb fortsetzen, weil die Demokraten im Kongress dabei mitmachen. Sie werden mit ihrer Mehrheit im Kongress - einem Ergebnis des massiven Antikriegsvotums im vergangenen November - die Bush-Regierung unterstützen. Der Kampf gegen den Krieg im Irak und gegen drohende noch umfangreichere US-Militäraggressionen erfordert den Aufbau einer unabhängigen Massenbewegung gegen den Krieg, die sich auf die arbeitende Bevölkerung stützt und gegen beide politische Parteien der amerikanischen Wirtschaftselite auftritt.

Siehe auch:
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(13. Januar 2007)
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