Vor dem Krieg der USA gegen Irak: politische Aufgaben im Jahr 2003
Von der Redaktion
7. Januar 2003
aus dem Englischen (6. Januar 2003)
Der Beginn des Jahres 2003 steht unter dem Zeichen eines unmittelbar bevorstehenden Krieges und einer tiefen Wirtschaftskrise. In wenigen Wochen werden die USA die wehrlose Bevölkerung des Irak mit Bombenangriffen überziehen.
Die Darstellung, die Bush-Regierung habe sich noch nicht endgültig für Krieg entschieden, ist falsch und zynisch. Wie die Verlegung starker amerikanischer Truppenverbände an den Persischen Golf beweist, ist der militärische Angriff im Weißen Haus längst beschlossene Sache. Zehntausende Soldaten werden in die Region gebracht, begleitet von einem Flottenverband, der mit hochmodernen Vernichtungswaffen und Hunderten Kampfflugzeugen ausgestattet ist. In der kurdischen Enklave im Norden des Irak und in den sogenannten "Flugverbotszonen", wo zunehmend bombardiert wird, sind Militäroperationen bereits in vollem Gange.
Nichts, was Bagdad jetzt noch tun könnte, nicht einmal die Beseitigung Saddam Husseins, würde den Einmarsch der USA verhindern. Bushs Gerede, der Irak verstoße gegen UN-Sicherheitsresolutionen, ist nur ein durchsichtiger Vorwand. Das Ziel Washingtons ist nicht die "Entwaffnung" des Irak oder selbst die Absetzung Saddam Husseins, sondern die Besetzung des Landes und die Eroberung seiner Ölfelder.
Unabhängig vom unmittelbaren militärischen Ausgang des Krieges setzt die Regierung Bush Prozesse in Gang, die nicht nur im Nahen Osten, sondern überall auf der Welt starke Erschütterungen auslösen werden. Der Krieg wird die Meinung der Weltöffentlichkeit weiter gegen Amerika aufbringen, was im In- und Ausland zu gewaltsamen Racheakten nicht nur an US-Soldaten, sondern auch an Zivilisten führen muss.
Im Irak selbst wird der amerikanische Angriff auf tiefe und unversöhnliche Opposition stoßen. Die irakischen Massen werden im US-Militär zu Recht einen Eroberer und Unterdrücker im Kolonialstil sehen.
Dieselbe Logik, die dem Krieg gegen den Irak zugrunde liegt, wird zwangsläufig auch Kriege gegen den Iran, Syrien und andere Länder der Region auslösen. Das Streben der USA, die Ölressourcen der Welt zu kontrollieren, wird überdies zu immer heftigeren Konflikten mit anderen mächtigen Nationen führen: Russland, China und Amerikas Rivalen in Europa und Japan, die ebenfalls Anspruch auf die Rolle von Großmächten erheben. Die Eroberung des Irak seitens der USA wird einen Prozess in Gang setzen, dessen logisches Endergebnis ein dritter Weltkrieg ist.
Die Resultate der US-Invasion in Afghanistan zeigen bereits, welche katastrophalen Folgen die Kriegspolitik Washingtons nach sich zieht. Ein Jahr nach dem Sturz des Taliban-Regimes werden die amerikanischen Soldaten immer noch von wütenden Zivilisten angegriffen. Die Intervention der USA in Zentralasien hat die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan, die beide über Atomwaffen verfügen, weiter verschlechtert. Ungeachtet der Bemühungen der pakistanischen Diktatur, den Forderungen der USA Rechnung zu tragen, wachsen auch die Spannungen zwischen Washington und Islamabad vor dem Hintergrund des großen Unmuts der Bevölkerung, der sich in Protesten sowohl gegen die USA als auch gegen die Regierung Musharaf äußert.
Auf der koreanischen Halbinsel hat die Kriegstreiberei der Regierung Bush die Spannungen schlagartig erhöht. Die aggressive Sprache und das provokative Vorgehen Washingtons haben Pjöngjang zu Gegenmaßnahmen veranlasst, die die Gefahr eines Atomkriegs heraufbeschwören, während der Süden von großen anti-amerikanischen Demonstrationen erschüttert wird.
Die Regierung der USA bereitet sich darauf vor, auf der ganzen Welt militärische Gewalt in einem Maße einzusetzen, wie man es seit den Dreißiger- und Vierzigerjahren nicht mehr erlebt hat. Die nächste historische Parallele zur Außenpolitik der Bush-Regierung, die sich offen auf brutale Gewalt und Aggression stützt, findet man im Vorgehen der Nazis.
Wodurch zeichnete sich die Außenpolitik des deutschen Imperialismus unter Hitler aus? Durch eine ständige Ausdehnung militärischer Aggression zunächst gegen diejenigen Länder, die zu schwach waren, um der Wehrmacht ernsthaft Widerstand zu leisten. Durch die Besetzung fremder Länder, den Sturz ihrer Regierungen und den Einsatz von Marionettenregimes. Durch die Konstruktion plumper Vorwände für grundlose Aggressionskriege. Durch offene Missachtung des internationalen Rechts und durch Verstöße gegen traditionelle diplomatische Normen. Kurz - durch eine Politik der Plünderung und Eroberung.
Hinsichtlich all dieser Merkmale besteht kein grundlegender Unterschied zwischen den Methoden der faschistischen Regime der Dreißiger- und Vierzigerjahre - sei es die Vergewaltigung Äthiopiens durch Italien oder der deutsche Einmarsch in Polen - und denjenigen der Bush-Regierung.
Die Welt wird Zeuge eines neuen Ausbruchs des Imperialismus in seiner gewalttätigsten Form. Die Bush-Regierung macht sich auf, ganze Weltregionen zu unterwerfen, um das Bedürfnis der amerikanischen herrschenden Elite nach einem Monopol über lebenswichtige Rohstoffquellen, nach der Beherrschung der Weltmärkte und nach neuen Ressourcen extrem ausgebeuteter, billigster Arbeitskräfte zu befriedigen.
Die eigentlichen Kriegsgründe
Die Zunahme der Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hat eine heilsame politische Nebenwirkung: Sie straft die offiziellen Rechtfertigungen für den Krieg gegen den Irak Lügen. Die Regierung der USA behauptet, der Krieg sei angemessen, weil der Irak Massenvernichtungswaffen herstelle und gegen UN-Resolutionen verstoße. Gegen Nordkorea erhebt sie dieselben Vorwürfe, zieht aber in ihrer öffentlichen Reaktion völlig andere Schlussfolgerungen.
Saddam Hussein kooperiert mit den UN-Inspektionen und ist selbst nach Einschätzung der USA Jahre davon entfernt, eine Atombombe bauen zu können. Nordkorea hat die UN-Inspektoren hinausgeworfen und den Atomreaktor in Jongbjong wieder in Betrieb genommen, der genug Plutonium liefert, um innerhalb von sechs Monaten ein halbes Dutzend Atombomben zu bauen. Doch die Reaktion der USA bestand darin, die Kriegsvorbereitungen gegen den Irak voranzutreiben, während der Konflikt mit Nordkorea heruntergespielt wurde: Man forderte einen Dialog unter Vermittlung der Vereinten Nationen.
Die Vertreter der Bush-Regierung konnten keine vernünftige Begründung für dieses unterschiedliche Verhalten gegenüber beiden Ländern geben, das von einem Kritiker als "schizophren" bezeichnet wurde. Denn die eigentlichen Ursachen für den Krieg gegen den Irak haben nichts gemeinsam mit der Propaganda des Weißen Hauses und des amerikanischen Außenministeriums, die von den amerikanischen Medien unkritisch wiedergekäut wird.
Die Regierung Bush vertritt diejenigen Teile der herrschenden Elite, in deren Augen der Zusammenbruch der Sowjetunion die Chance auf eine Pax Americana eröffnet, die den US-Konzernen mit Hilfe von Soldaten und Bomben die Herrschaft über die ganze Welt beschert. Der Schlüssel zu diesen Weltherrschaftsplänen ist die unangefochtene Herrschaft über den eurasischen Kontinent und die Kontrolle über dessen strategische Ressourcen, in erster Linie das Rohöl. Auf dieser Grundlage beabsichtigt der amerikanische Imperialismus die ganze Welt zu erpressen und zu schikanieren.
Die Website "Stratfor.com", die sich mit militärischen und diplomatischen Fragen befasst, veröffentlichte vor kurzem eine offene Erklärung über die wirklichen amerikanischen Interessen, um die es bei dem neuen Krieg am Persischen Golf geht. Sie führte drei Hauptziele an: die Kontrolle über das irakische Öl, die Umwandlung des Irak in eine Basis für künftige amerikanische Militäroperationen im Nahen Osten und in Zentralasien, und ein Blutbad, das durch die Traumatisierung der arabischen Bevölkerung die amerikanisch-israelische Vormachtstellung in der Region festigt.
Bei "Stratfor.com" hieß es:
"Die Entscheidung, den Irak anzugreifen, geht auf psychologische und strategische Bedürfnisse zurück. In psychologischer Hinsicht möchte Washington die Sicht der Araber auf die USA neu definieren; es geht um Furcht und Respekt. In strategischer Hinsicht möchten die USA den Irak besetzen, um den Dreh- und Angelpunkt des Nahen Ostens zu kontrollieren: Von einem besetzten Irak aus können sie die ganze Region beherrschen. Man geht davon aus, dass ein Sieg im Irak die Dynamik der arabischen Welt neu definieren würde. Einige arabische Regierungen, wie etwa diejenige Kuwaits, begrüßen diese Entwicklung, während andere, wie etwa diejenige Saudi Arabiens, sie fürchten. Aber allen ist klar, dass eine Besetzung des Irak durch die USA die Region von Grund auf verändern würde. Die USA würden ganz unzweideutig das Erbe des britischen und des osmanischen Reichs in der arabischen Welt antreten.
Öl könnte ein Hebel sein, mit dem diese Macht ausgeübt wird. Wenn die USA die Ölvorkommen des Irak - die zweitgrößten der Welt - unter Kontrolle bekämen, dann könnten die Ölpreise drastisch sinken, und den arabischen Staaten wäre das Mittel genommen, das sie jetzt im Rahmen der OPEC anwenden, um die Ölpolitik zu gestalten. Ölreiche arabische Nationen - in erster Linie Saudi Arabien - könnten ihre Volkswirtschaften wahrscheinlich nicht über Wasser halten. Wirtschaftliche Realitäten könnten möglicherweise erzwingen, wozu der Unmut der Bevölkerung nicht ausreichte - einen Regimewechsel.
Weiter geht es um Israel. Nach der Niederlage des Irak, eines der ausgesprochensten Gegner Israels, würden der jüdische Staat und Washington als einflussreichste Spieler in der Region die arabischen Regierungen zwingen, unter der ständigen Drohung wirtschaftlicher und militärischer Vernichtung zu leben. Außerdem befürchten die arabischen Führer, dass Israel, ermutigt durch die Niederlage des Irak, die Palästinenser aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland noch weiter in die Nachbarländer treiben würde. Ein solcher Zwangsexodus wäre eine humanitäre Katastrophe von epischen Ausmaßen, die die arabischen Regierungen nicht in den Griff bekommen könnten."
Die Krise des amerikanischen Kapitalismus
Die Außenpolitik der Bush-Regierung ist abenteuerlich und vermessen. Bushs Doktrin der Präventivkriege, die am Persischen Golf erstmals angewandt werden soll, destabilisiert nicht nur den Nahen Osten, sondern die gesamte Welt. Der Einmarsch der USA im Irak und die Besetzung des Landes wird sämtliche bürgerlichen Regierungen im arabischen Raum unterhöhlen und gleichzeitig die Spannungen zwischen den USA auf der einen und Europa sowie Japan auf der anderen Seite enorm verschärfen. Der Iran, Indien, Pakistan, China und andere Länder werden zu dem Schluss gelangen, dass sie einen Angriff der USA nur durch die möglichst rasche Entwicklung von Atomwaffen abwenden können.
Washington zerschlägt die gesamte Struktur der internationalen Beziehungen, die seit mehr als 50 Jahren ein gewisses Maß an Stabilität gewährleisten half und die Widersprüche regulierte, die im zwanzigsten Jahrhundert zu zwei Weltkriegen führten.
Diese Politik, deren weit reichende Konsequenzen die Machthaber überhaupt nicht absehen, widerspiegeln kein Vertrauen in die Zukunft, sondern eine tiefe Krisenangst. Zwar ist der amerikanische Imperialismus stark, doch seine Widersprüche sind noch stärker. Die Kraft der US-Armee beruht auf einem sehr brüchigen ökonomischen Fundament. Das blindwütige Drauflosschlagen der Bush-Regierung ist eine Reaktion auf die zunehmende Nervosität, die angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs und der absehbaren, explosiven innenpolitischen Folgen der sozialen Krise in den herrschenden Kreisen der USA um sich greift.
Ein wesentlicher Bestandteil der Außenpolitik Bushs ist die Vorstellung, dass der amerikanische Kapitalismus unlösbaren wirtschaftlichen Problemen entgehen kann, wenn er sich nur die entscheidenden Rohstoffquellen der Welt unter den Nagel reißt. Es handelt sich um den Versuch, mit militärischer Stärke wirtschaftliche Probleme zu überwinden, für welche die herrschende Elite in den USA keine Lösung hat. Daher die unzähligen Kommentare aus Washington und aus den Think Tanks der Ölindustrie, in denen überlegt wird, ob die Eroberung der irakischen Ölindustrie nicht segensreiche Folgen für die Rohölpreise auf dem Weltmarkt haben werde.
Der amerikanische Kapitalismus ist mit einer immer auswegloseren finanziellen und wirtschaftlichen Krise konfrontiert. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Investitionen in die Industrie sowie die Produktionszahlen stagnieren oder gehen zurück, und die Verschuldung sowohl der Unternehmen als auch der Privathaushalte hat Rekordniveaus erreicht.
Die Regierungen sämtlicher Bundesstaaten sind pleite, und auch auf Bundesebene steigt das Haushaltsdefizit erneut an. Das ungute Gefühl, das sich in den herrschenden Kreisen ohnehin ausgebreitet hat, wurde durch die miserablen Absatzzahlen des Weihnachtsgeschäfts verstärkt. Nun verschlechtert sich auch noch derjenige Sektor, der bisher dem Rezessionstrend entgegen wirkte: die Verbraucherausgaben.
Eingeleitet wurde die gegenwärtige Krise durch den Zusammenbruch des Spekulationsbooms der neunziger Jahre. Im Jahr 2002 wurden Aktienwerte in Höhe von rund 2,6 Billionen Dollar vernichtet. Gegenüber dem Rekordstand der Börsenindizes im Sommer 2000 bedeutete dies einen Gesamtverlust von 7 Billionen Dollar.
Im vergangenen Jahr sind die Aktienpreise zum ersten Mal seit der Großen Depression drei Jahre in Folge gesunken. Der Dow-Jones-Index, der zu Beginn des Jahres 2002 bei 10.000 Punkten stand, näherte sich im Juli und dann noch einmal im Oktober der 7000-Marke. Der Rückgang des Dow Jones um 16,8 Prozent war der stärkste Einbruch innerhalb eines Jahres seit 1977, sein Absinken um 6 Prozent im vergangenen Monat das schlechteste Abschneiden in einem Dezember seit 1931. Der Standard-&-Poor-Index, der eine größere Bandbreite von Aktien berücksichtigt als der Dow Jones, sank um 23 Prozent, und der NASDAQ-Index ging um nahezu 33 Prozent zurück, womit er gegenüber dem Jahr 2000 drei Viertel seines Stands eingebüßt hat.
Diese kolossalen Verluste machen sich in der gesamten Wirtschaft bemerkbar. Die Zahl der Konkurse von Unternehmen und Privathaushalten hat einen Rekordstand erreicht. Die amerikanischen Konzerne haben 2001-2002 mehr Schuldverschreibungen nicht beglichen als in den vorangegangenen 20 Jahren insgesamt. Die Investitionstätigkeit ist praktisch zum Stillstand gekommen. Und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die amerikanische Wirtschaft und das kapitalistische System überhaupt ist so gering wie seit der Großen Depression nicht mehr, weil es im letzten Jahr im Zusammenhang mit dem Börsencrash einen Skandal nach dem anderen gegeben hat - Enron, WorldCom, Global Crossing, Tyco, usw.
Obwohl die Bush-Regierung von einer Erholung spricht, gleitet die Wirtschaft der USA zurück in die Depression. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem höchsten Stand seit acht Jahren, und das Vertrauen der Verbraucher ist im Dezember stark gesunken. Der Absatz des Einzelhandels war während der Weihnachtssaison so schlecht wie seit dreißig Jahren nicht mehr. Besonders hart traf es Geschäfte, die preisgünstige Waren für Verbraucher aus der Arbeiterklasse anbieten.
Die Lebensumstände der arbeitenden Bevölkerung verschlechtern sich rapide. Nahezu jeder amerikanische Bundesstaat plant Kürzungen bei den Sozialausgaben, obwohl die Zahl der Bedürftigen wegen der zunehmenden Arbeitslosigkeit und Armut steigt. Am 28. Dezember strich die Regierung Bush 800.000 Arbeitslosen die Unterstützung, nachdem die Republikaner im Kongress - bei nur symbolischem Widerstand der Demokraten - eine Verlängerung der Leistungen abgelehnt hatten.
Auf internationaler Ebene gerät die Stellung des amerikanischen Kapitalismus immer mehr unter Druck. Ausländische Anleger an den amerikanischen Finanzmärkten könnten angesichts der sinkenden Kurse ihre Gelder abziehen, was es den USA unmöglich machen würde, weiterhin ihr riesiges Zahlungsbilanzdefizit zu unterhalten, das sich mittlerweile auf etwa 500 Milliarden Dollar pro Jahr beläuft. Dies wiederum stellt die Stabilität des US-Dollars und damit die Grundlage des internationalen Finanzsystems in Frage. Der Dollar verlor im Jahr 2002 15,2 Prozent seines Werts gegenüber dem Euro und 9,8 Prozent gegenüber dem Yen.
Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Weltwirtschaft zum ersten Mal seit den Dreißigerjahren wieder in eine Periode der weltweiten Deflation eintritt. Das ist ein Teufelskreis, in dem die Preise sinken, die Aktienkurse einbrechen, die Kreditvergabe eingestellt wird, die Produktion zurückgeht, der Handel abnimmt und das ganze Profitsystem im Wesentlichen zum Stillstand kommt.
Die Außenpolitik der Bush-Regierung wird nicht zuletzt von innenpolitischen Notwendigkeiten getrieben, die sich aus den explosiven sozialen Implikationen dieser wirtschaftlichen Sackgasse ergeben. Die Regierung der USA sieht sich gezwungen, durch unaufhörliche Provokationen - Terrorwarnungen, militärisch-diplomatische Krisen und Kriege - die öffentliche Meinung abzulenken und in die Irre zu führen. Auch hierin ähnelt die Lage des amerikanischen Kapitalismus jener von Nazideutschland in den Dreißigerjahren, als Hitler im Krieg die einzige Antwort auf die wachsenden sozialen Widersprüche im Inland sah.
Die Bush-Regierung verbindet Gangstermethoden in der Weltpolitik - Gewalt, Erpressung und Lügen - mit Unterdrückung in der Innenpolitik. Die enorme Konzentration polizeilicher Vollmachten in den Händen der Bundesregierung seit dem 11. September 2001 hat nichts damit zu tun, einfache Amerikaner vor der terroristischen Gefahr zu schützen. Ihr Ziel besteht darin, immer offenere Angriffe auf den Lebensstandard und die bisherigen sozialen Errungenschaften der amerikanischen Arbeiterklasse zu erleichtern.
Nicht von ungefähr bestand Bush darauf, dass das Gesetz zur Schaffung des neuen Ministeriums für Heimatschutz den betroffenen Regierungsangestellten ihre gewerkschaftlichen und Bürgerrechte nahm. Dieser Angriff fügt sich in ein größeres Muster ein, in dem die "nationale Sicherheit" und der "Krieg gegen den Terrorismus" als Vorwand genommen werden, um Arbeitern immer größere Verzichtsleistungen abzuverlangen und ihnen die rechtlichen Mittel zu rauben, mit denen sie sich gegen Übergriffe der Unternehmer zur Wehr setzen konnten. Eben deshalb zwang die Regierung auch die Fluggesellschaft United Airlines Konkurs anzumelden. Auf diese Weise werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, Tarifverträge außer Kraft zu setzen, beispiellose Kürzungen bei den Löhnen und Sozialleistungen durchzusetzen und die Ausbeutung durch Arbeitsintensivierung, erzwungene Überstunden und die Abschaffung bisheriger Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften zu erhöhen.
Der Kampf gegen den Imperialismus
Der kommende Krieg im Irak wird sehr hohe wirtschaftliche Kosten mit sich bringen. Er wird alle inneren wirtschaftlichen Probleme des amerikanischen Kapitalismus zuspitzen und die innenpolitische Krise verschärfen. Er wird härtere Angriffe auf die Arbeiterklasse erfordern - auf ihre demokratischen Rechte und ihre sozialen Interessen. Arbeitsplätze, Gesundheitswesen, Renten, Bildungswesen, Wohnungen - all diese Bereiche werden infolge des Krieges weiteren Angriffen ausgesetzt sein.
Die amerikanische herrschende Elite hat einen politischen Kurs eingeschlagen, der unweigerlich in einer Katastrophe enden wird. Die Finanzoligarchie, die nichts als ihre eigene Bereicherung im Kopf hat, setzt gewaltige soziale Kräfte in Gang, die sie nicht versteht. Die Geschichte lehrt, dass der Krieg der gefährlichste politische Weg ist, den ein Staat einschlagen kann. Er löst unweigerlich Konsequenzen aus, die seine Betreiber nicht vorhergesehen haben. Washingtons ungehemmter Kriegskurs wird auf der ganzen Welt anti-imperialistische Kämpfe auslösen und innerhalb der USA den sozialen Protest und Widerstand verstärken.
Der Überfall auf ein armes und gequältes Land wird sowohl auf Weltebene als auch in den USA selbst Abscheu auslösen. Es gibt in Amerika keine Massenunterstützung für die Barbarei, wie sie die US-Regierung jetzt lostreten will.
In Europa und Asien zeichnet sich bereits eine wachsende Welle von Anti-Imperialismus ab. Wer den US-Imperialismus bekämpfen möchte, darf sich jedoch keine Illusionen über die imperialistischen Rivalen Washingtons machen. Trotz der Antikriegsstimmung der Bevölkerung und ihrer eigenen Angst vor den Folgen des Krieges sind weder die europäische noch die japanische Bourgeoisie in der Lage, der von Washington betriebenen Politik wirkungsvoll entgegen zu treten. Mit Zuckerbrot und Peitsche werden sie irgendwann alle hinter die stärkste imperialistische Macht gebracht.
Die gegenwärtige Vormachtstellung der USA im Lager der imperialistischen Mächte ist ein spezifischer Ausdruck der grundlegenden Widersprüche des Weltkapitalismus. Zweimal haben sich diese Widersprüche im zwanzigsten Jahrhundert in einem Weltkrieg entladen. Aus dem Zweiten Weltkrieg gingen die USA als stärkste Weltmacht hervor, doch ihre Reichweite war begrenzt durch die Existenz der Sowjetunion, durch die chinesische Revolution und durch die Massenkämpfe, die den Zusammenbruch der europäischen Kolonialreiche begleiteten. Der Zusammenbruch der UdSSR im Jahr 1991 hat diese Fesseln für amerikanische Militäraktionen gelöst und neuen imperialistischen Gewalttaten Tür und Tor geöffnet.
Im Gegensatz zu den Befürwortern des Kapitalismus, die das Ende des Kalten Krieges zum "Ende der Geschichte" hochstilisierten, beweist dieser neuerliche Ausbruch des Militarismus, dass die Regelungen im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg die Krise des Weltkapitalismus nicht gelöst haben. Die Wurzeln dieser Krise liegen im Widerspruch zwischen einer hoch entwickelten, stark integrierten Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem, in dessen Rahmen sich das Profitsystem entwickelt hat und an das es gebunden ist.
Dieser wesentliche Widerspruch, der im zwanzigsten Jahrhundert Kriege und Revolutionen hervorbrachte, treibt auf einen neuen Ausbruch zu. Der Versuch Amerikas, seine Weltherrschaft zu errichten, kündigt den Anbruch einer neuen revolutionären Krise auf Weltebene an. Ihr Ausgang wird entweder der Abstieg in die Barbarei oder das Fortschreiten der Menschheit zum Sozialismus sein.
Die grundlegende gesellschaftliche Kraft, die den imperialistischen Krieg bekämpfen kann, ist die Arbeiterklasse. Der Kampf gegen Militarismus muss von der Mobilisierung dieser Kraft auf internationaler Ebene ausgehen.
Die Aufgabe des kommenden Jahres besteht darin, die wachsende Bewegung gegen den Krieg mit einem Programm auszustatten, auf dessen Grundlage die Arbeiterklasse als unabhängige politische Kraft mobilisiert werden kann. Innerhalb der USA wächst bereits die Opposition gegen Bushs räuberische Politik im In- und Ausland. Die gängige Darstellung der Medien, dass Bush bei der amerikanischen Bevölkerung beliebt sei, ist zynisch und falsch. Bushs angebliche Massenunterstützung widerspiegelt lediglich in verdrehter Form das Fehlen jeder ernsthaften Opposition von Seiten der Demokratischen Partei oder irgendeines anderen Teils des Establishments.
Selbst die Meinungsumfragen der Medien zeigen, dass in der Bevölkerung die Stimmung gegen einen Krieg mit dem Irak zunimmt, obwohl die Demokratische Partei jede Opposition aufgegeben hat. Einer neuen Umfrage zufolge ist selbst unter der Maßgabe, dass kein amerikanischer Soldat ums Leben kommt, eine Mehrheit gegen einen unilateralen Angriff auf den Irak.
Die Arbeiterklasse in den USA hat die Verantwortung, der Raubpolitik der Bush-Regierung Widerstand zu leisten. Sie darf nicht zulassen, dass im Namen der amerikanischen Bevölkerung Kriegsverbrechen begangen werden.
Alle amerikanischen Arbeiter, die eine Alternative zu Bushs Programm des Krieges und der innenpolitischen Reaktion suchen, müssen die politischen Lehren aus dem Zusammenbruch des Liberalismus und der drastischen Rechtswende der beiden Parteien des Big Business ziehen. Die politische Zwangsjacke des Zweiparteiensystems muss gesprengt werden. Notwendig ist der Aufbau einer eigenständigen politischen Bewegung der arbeitenden Bevölkerung, die dem kapitalistischen System eine sozialistische Alternative entgegensetzt.
Im Februar begehen wir den fünften Jahrestag der World Socialist Web Site - das Organ des Internationalen Komitees der Vierten Internationale und der ihm angeschlossenen Parteien. Die WSWS ist der politische Ausgangspunkt für die Entwicklung einer unabhängigen sozialistischen Bewegung der internationalen Arbeiterklasse gegen US-Militarismus und Weltimperialismus, und aus Anlass des diesjährigen Jubiläums werden wir verstärkt an ihrer Weiterentwicklung arbeiten.
Eine solche Bewegung muss sich offen und direkt gegen das kapitalistische System aussprechen. Sie muss den Kampf gegen imperialistischen Krieg mit einem Programm verbinden, das eine möglichst weitgehende Umverteilung des Reichtums von der herrschenden Elite auf die arbeitende Bevölkerung vorsieht. Dies bedeutet einen umfassenden Angriff auf fest verankerten Reichtum und auf Privilegien. Entsprechende Maßnahmen sind unter anderem die Enteignung der Oligopole in Wirtschaft und Finanzwelt, ihre Umwandlung in öffentliche Unternehmen und ihr Weiterbetrieb auf der Grundlage von wissenschaftlicher Planung unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiterklasse.
Das Potenzial für eine solche Bewegung zeigt sich bereits in der wachsenden Leserschaft der World Socialist Web Site. Die WSWS erreicht jeden Tag viele tausend Leser, erscheint in einem Dutzend Sprachen und gewinnt in zahlreichen Ländern auf jedem Kontinent neue Anhänger und Korrespondenten.
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